Finsteraarhorn (4274m)


Publiziert von أجنبي , 23. April 2016 um 17:58.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:20 April 2016
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Ski Schwierigkeit: ZS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 4330 m
Strecke:53a, 30a, 526a & 512b nach SAC-Führer „Skitouren Berner Alpen Ost“: Jungfraujoch – Jungfraufirn – Konkordiaplatz – Grüneggfirn – Grünhornlücke – Finsteraarhornhütte – P. 3617 – Hugisattel – Finsteraarhorn – Hugisattel – P. 3617 – Finsteraarhornhütte – Fieschergletscher – Staudamm – P. 1639 – Titter – P. 1480 – P. 1293 – P. 1178 – Fieschertal
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV bis Jungfraujoch
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV ab Fieschertal
Unterkunftmöglichkeiten:Finsteraarhornhütte SAC
Kartennummer:LK 1:50.000: 264 S Jungfrau / LK 1:25.000: 1249 Finsteraarhorn, 1269 Aletschgletscher

Nachdem unser Plan, das Finsteraarhorn in Angriff zu nehmen, eine Woche zuvor an den immer düsteren Wetterprognosen scheiterte (jedoch immerhin diesen Spass hier bescherte), bot sich Mueri und mir nach kurzer Zeit eine erneute Chance, uns diesen Traum endlich zu erfüllen. Nun, meine Anreise begann bereits am heimischen Bahnhof miserabel: Ich heimste mir eine derartige Verspätung ein, dass Mueri in Interlaken zu einer längeren Zwangskaffeepause genötigt war und wir erst am Mittag auf dem Jungfraujoch starten konnten. Sobald die frisch verschneiten Berner Alpen ins Blickfeld rückten, verflog mein Ärger über die SBB.

 

Item. Gegen 12.45 Uhr brachen bei bereits ordentlicher Wärme auf dem Jungfraujoch auf. Der Schnee war nicht mehr ganz so pulvrig wie erhofft, doch immer noch gut zu fahren. Dank einer guten Spur kamen wir mit wenig Stockeinsatz problemlos zum Konkordiaplatz runter. Eine knappe Stunde später fellten wir dort an und stiegen auf dem Grüneggfirn in die Höhe. Mir liefen Schweiss und Sonnencréme derart in die Augen, dass ich wohl die Hälfte des Aufstiegs mit geschlossenen Augen absolvierte. Die einzige Herausforderung auf dem Weg zur Grünhornlücke war also die Hitze. Ich, der ich zum ersten Mal in dieser Gegend war, kam kaum aus dem Staunen heraus ob der prachtvollen Kulisse.

 

Um 14.45 Uhr, also ca. zwei Stunden nach Abfahrt auf dem Jungfraujoch, erreichten wir die Grünhornlücke. Auf der anderen Gletscherseite winkte bereits das Panache und vor allem: das Finsteraarhorn. Nach einer kurzen Abfahrt, etwas Stockeinsatz und einem kurzen Wiederaufstieg erreichten wir schliesslich unser pumpenvolles, aber trotzdem angenehmes Nachtlager.

 

Irgendwie hatte ich mir Kopfschmerzen eingehandelt. Bis mind. 3500m habe ich ohne Akklimatisierung eigentlich nie auch nur das geringste Problem. Vielleicht hatte ich auch einfach zu viel Sonne abgekriegt. Jedenfalls verschwand das Kopfweh auch in der Nacht nicht wirklich. Zwei fette Tassen Tee beim morgendlichen Frühstück dämpften das Problem aber etwas.

 

Kurz vor 6 Uhr liefen wir mit montierten Harscheisen im Stirnlampenschein bei der Finsteraarhornhütte los. Es war angenehm kühl, es wehte etwas Wind. Angesagt war kein besonders starker Wind, doch als es gegen den Frühstücksplatz (P. 3617) zu ging, schlug uns eine Böe nach der anderen ins Gesicht. Dank des Neuschnees vom Wochenende mussten wir beim Frühstücksplatz die Ski nicht abschnallen. Auch die Traverse nach dem Frühstücksplatz war entsprechend ein Kinderspiel.

 

Weniger lustig war hingegen der Aufstieg zum Hugisattel, der gelinde gesagt als „arktisch“ bezeichnet werden könnte. Der Wind, wohl zwischen 60 und 80 km/h, haute mich drei Mal fast zu Boden. Die Finger meldeten sich an und ab, das Gesicht erhielt ein ordentliches Peeling und zuweilen hatte ich mit der Motivation zu kämpfen: Bei solch stürmischem, eisigen Wind auf den Gipfel? No way...

 

Auch auf dem Hugisattel, den wir nach 2h 45min erreichten, war es nicht wirklich angenehmer. Am Grat sah es jedoch windärmer aus. Dank vieler Fotos wusste ich, was mich erwarten würde – und dass der Gipfelaufstieg angesichts meiner latenten Höhenangst zur Herausforderung würde. In den Tagen vor der Tour hatte ich mir geschworen, nicht im Angesicht des Gipfelgrats zu kapitulieren, sondern motiviert in Richtung Gipfel zu stapfen. So gelang es mir am Hugisattel, trotz etwas Skepsis den Schalter umzulegen. Erleichternd wirkte natürlich das Wissen darum, mit Mueri einen souveränen Tourenpartner zu haben.

 

Der Aufstieg zum Gipfel gestaltete sich wie erwartet: Liegt genug Schnee, bewegt man sich öfter in der Flanke als auf dem Grat. Eisig war es unter dem Schnee einzig im ersten Aufschwung gleich nach der Einstiegskraxelei. Wir hatten ein 30m-Seil dabei, was völlig ausreichte. Wir gingen meist am halblangen oder kurzen Seil. Es hat meist genügend Zacken, um die sich das Seil legen lässt oder sich die Hände klammern lassen. Kurz vor dem Gipfel gibt es eine kurze Abkletterstelle, die man mittels Schlinge auch bestens sichern kann. Von all dem mitgeschleppten Sicherungskasumpel brauchten wir so gut wie gar nichts. Mir fehlt zwar der Vergleich, doch ist es wohl korrekt zu sagen, dass wir insgesamt gute bis sehr gute Verhältnisse antrafen.

 

Rund eine Stunde nach Verlassen des Hugisattels (und gut vier Stunden nach Start bei der Finsteraarhornhütte) erreichten wir überglücklich den Gipfel des Finsteraarhorns, den wir zunächst für uns alleine hatten. Für mich ging damit ein jahrelanger Traum in Erfüllung. Was die Sache noch krönte: Ich hatte – nicht zuletzt dank Mueri's souveräner Seilführung – nie Schiss, sondern konnte den Aufstieg geniessen. Mueri gratuliere ich an dieser Stelle zu einem seiner letzten Kantonshöhepunkte, die er seit einigen Jahren abklappert.

 

Überraschenderweise war es am Gipfel recht angenehm, der Wind hielt sich in Grenzen. Da hinter uns noch mehrere Seilschaften im Aufstieg waren und wir noch eine lange Abfahrt vor uns hatten, blieben wir nicht ewig auf dem Finsteraarhorn sitzen. Für den Abstieg zum Hugisattel benötigten wir beinahe so lange wie für den Aufstieg. Über den Daumen gepeilt tut man also gut daran, rund eine Stunde pro Weg einzurechnen. Trotzdem, dass am Berg einiger Betrieb herrschte, ging das Überholen und Kreuzen am Gipfelgrat problemlos.

 

Nach einer längeren Pause am Hugisattel fuhren wir zur Finsteraarhornhütte ab. Während Mueri selbst im Bruchharsch fuhr, als herrschten beste Pulverschneeverhältnisse, war die Abfahrt für mich eher eine Qual, als ein Genuss. Wissend, dass es den einen oder anderen Kratzer absetzen würde, fuhr ich mit Ski über den Frühstücksplatz. Bei besagtem P. 3617 fuhren wir mangels vernünftiger Alternativen direkt (man sieht den schmalen Korridor auf der Landeskarte) zum Gletscher ab. Steine hatte es auch da, doch liess sich Feindkontakt vermeiden.

 

Bei der Finsteraarhornhütte holten wir den Rest unseres Gepäcks, liessen die Beine baumeln, stärkten uns für die Abfahrt und warteten auf zwei befreundete Tourengänger, mit denen wir die Abfahrt ins Fieschertal bestritten. Diese Abfahrtsvariante war angesichts der fortgeschrittenen Zeit die einzig vernünftige. Die Abfahrt via Bächilicke wäre ziemlich gefährlich geworden und zurück zum Jungfraujoch... mal ehrlich, wer will sich das schon antun? Die Abfahrt nach Fieschertal ist nicht zu unterschätzen und es gilt, die Route genau zu studieren. Wir profitierten von Informationen des Hüttenwarts und letztlich von ein paar Tourengängern, die kurz vor uns abfuhren und eine perfekte Spur in den Schnee legten.

 

Mit etwas Stockeinsatz kamen wir gut auf die andere Seite des Fieschergletschers und fuhren an dessen Westrand bis zum oberen Gletscherbruch (zwischen 2500 und 2700m). Während unsere Vorfahrer auf der rechten Seite durch den Bruch fuhren, querten wir entlang des Osthangs. Danach ging es auf der rechten, westlichen Seite des Gletschers weiter. Die Schlüsselstelle der Abfahrt bildet der untere Gletscherbruch (zwischen 2200 und 2350m). Dieser ist unbefahrbar. Die einzige Umgehungsmöglichkeit ist ein schmales Couloir ganz auf der westlichen Talseite. Wer zu weit die schönen Hänge runterkurvt, ohne rechtzeitig rechts abzubiegen, landet unweigerlich über steil abfallenden Felswänden. Das Couloir – im Sommer wohl ein Bachbett – war ziemlich steil, hatte aber noch genügend Schnee, damit wir es abrutschen konnten (bald sieht's dort wohl so aus).

 

Genügend Schnee trafen wir auch danach noch an. Im Hinterkopf hatte ich ständig das „Horrorszenario“, dass der Schnee zu früh aufhören könnte und wir ähnlich weit würden laufen müssen wie Laura. im Mai 2014. Nun, so fuhren wir also bequem und mit ein paar kurzen Gegenaufstiegen bis zur Engstelle unterhalb der Burghütte. Hier könnte man rechts (zunächst an einer Kette) auf blau-weissem Pfad zur Burghütte hoch. Wir wählten die linke Variante, d.h. runter zur Staumauer. Ganz bis dorthin schafften wir es nicht auf Ski, aber beinahe.

 

Auf der östlichen Seite des Staudamms angekommen, gilt es diesen zu überschreiten. Auf der westlichen Seite führen eine Leiter und anschliessend eine Treppe in die Tiefe. Danach umgeht man einen Holzverschlag auf der linken Seite und findet sich auf einem bequemen Versorgungssträsschen wieder. Nach ein paar Minuten erreichten wir ein zum Glück offenes Tor. Auf sowas hier verzichteten wir gerne, zumal wir mittlerweile mit aufgebundenen Ski unterwegs waren. Bei der Bergstation Titter begaben wir uns auf den Wanderweg und folgten diesem bis kurz vor. P. 1293. Dort sattelte ich glücklich auf kurze Hosen und Sandalen um. Kurz vor 17 Uhr erreichten wir Fieschertal. Für die gesamte Abfahrt von der Finsteraarhornhütte hatten wir gut drei Stunden benötigt, wovon wir die letzten rund eineinhalb Stunden zu Fuss unterwegs waren.

 

Mueri, vielen Dank für die geile Tour und die angenehme Kameradschaft!

 

SLF: mässig (Triebschnee oberhalb 2500m) bzw. erheblich für nasse Lawinen im Tagesverlauf


Tourengänger: أجنبي, Mueri


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Geodaten
 29723.gpx Jungfraujoch-Grünhornlücke-Finsteraarhornhütte
 29724.gpx Finsteraarhorn-Fieschergletscher-Fieschertal

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Kommentare (3)


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Fraroe hat gesagt:
Gesendet am 24. April 2016 um 09:32
Hallo ihr beiden,
Gratulation zu diesem tollen Gipfelerfolg! Super eingeeteilt und das Beste gemacht und erlebt! Wo bleibt den da noch die Höhenangst?
Herzliche Grüsse und weiterhin viele unfallfreie Touren!
GLG Rösly & Franz

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 24. April 2016 um 17:05
Gratuliere zum Finsti - wahrhaftig ein Traumberg. Toll, dass ihr auch das Schönwetter-Fenster so gut nützen konntet, die eine Gruppe ein paar Tage vor Euch am Sonntag hatte bei der Galmilücke weniger Glück... (siehe versch. Medienberichte).

Persönlich finde ich nach wie vor, dass es sich lohnt, noch einen 3. Tag in diesem Gebiet anzuhängen - die Abfahrt via Bächilicke oder eben Galmilücke sind absolut genial. Wer die Abfahrt über den Fieschergletscher bevorzugt, dem sei zuvor z.B. die Tour auf das Gross Wannenhorn empfohlen - sehr gute Skifahrer wählen vom Gipfel sogar die Direktvarianten via Triftgletscher - sieht sehr spannend aus!

In anderen Worten: Finsteraargebiet kommt wohl immer wieder gerne zurück - es muss ja nicht immer ein 4000er sein ;-)

Gruss

Mueri hat gesagt:
Gesendet am 24. April 2016 um 20:47
Danke dir für den tollen Bericht, der die Emotionen nochmals aufleben lässt, und danke vor allem für deine tolle Begleitung. Soltest du mal wieder einen Bergkameraden brauchen, bin ich gerne an deiner Seite - hat echt gefegt!

Gruess, Mueri


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