Engelberger Rotstock (2818m) und Wissigstock (2887m) ab SAC Rugghubelhütte


Publiziert von Chrichen , 11. April 2016 um 08:28.

Region: Welt » Schweiz » Obwalden
Tour Datum:20 März 2016
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT5 - Alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-OW   CH-UR   Ruch- und Walenstockgruppe   Chaiserstuelgruppe   CH-NW 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1600 m
Strecke:ca. 14 km
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit dem ÖV: Luftseilbahn bis Oberrickenbach, Talstat. LFCH (Fell) / Mini-Postauto bis Wolfenschiessen / Weiter mit dem Zug

Der zweite Tag einer traumhaften Tour auf den Engelberger Rotstock und Wissigstock. Den Hüttenzustieg zur Rugghubelhütte am Vortag habe ich *hier beschrieben.

SAC Rugghubelhütte - Engelberger Lücke
Nach einer angenehmen Übernachtung in der SAC Rugghubelhütte soll es heute nun auf den Engelberger Rotstock und den Wissigstock gehen. Voller Vorfreude und gut ausgeschlafen wache ich schon kurz nach 5 Uhr auf. Um 6:30 ziehe ich bereits los. Noch ist es kalt, aber ein herrlicher Tag kündet sich an. Meiner Spur vom Vortag entlang laufe ich zunächst zurück in Richtung Rot Grätli. An flachen Stellen trägt die Schneedecke nicht ganz, sie ist aber gut gefroren. Dementsprechend geräuschvoll stapfe ich durch die Landschaft.

Das erste Zwischenziel ist die Engelberger Lücke. Um diese zu erreichen, muss man vor dem Rot Grätli unter dem Engelberger Rotstock hindurch traversieren. Schon am Tag zuvor habe ich gesehen, dass es dazu verschiedene Möglichkeiten gibt, wobei das Gelände eher unübersichtlich ist. Weiter oben ist es generell etwas schwieriger als weiter unten, da die Hänge steiler sind. Ich beabsichtige möglichst früh nach rechts zu halten und mich der Engelberger Lücke zuzuwenden, damit ich weniger weit queren muss. Nach etwas zu langem Zögern erwische ich dann doch nicht ganz die optimale Linie, und muss entlang einer durchgefrohrenen Spur in einem abschüssigen Hang leicht ausgesetzt traversieren (WT4), bevor ich einige Meter abwärts gehend am Fuss des Engelberger Rotstock angelange. Ab hier lässt sich der Steilhang zur Engelberger Lücke einfach erreichen. Dieser ist ebenfalls tragend gefroren, und ich kann in direkter Linie (Stellen 30-35°) rasch aufsteigen.

Engelberger Lücke - Engelberger Rotstock - Engelberger Lücke
Bei der Engelberger Lücke komme ich zum ersten Mal an die noch schwachen Sonnenstrahlen. Es ist ca. 8 Uhr morgens und noch herrscht Ruhe und Einsamkeit im Gebiet. Ich mache eine kurze Pause und wechsle auf Pickel und Steigeisen. Aufgrund der zahlreichen Tourer am Vortag, bin ich davon ausgegangen, dass auch der Engelberger Rotstock mehrfach begangen worden wäre. Dem war aber scheinbar nicht so. Auf den ersten Blick sind keine Spuren auszumachen. Die meisten hatten wohl den Brunnistock oder Wissigstock als Ziel.

Die rund 130 Höhenmeter zum Gipfel werden mehr oder weniger dem Südgrat folgend bei durchschnittlich 35-40° Hangneigung bewältigt. Ich steige etwas links der Felsen ein, wo es zuerst einmal wenige Meter äusserst steil in Frontalzackentechnik hoch geht. Danach kommt ein flacheres Stück bevor die Neigung wieder anzieht. Ab hier finde ich doch noch hie und da schwache Fussspuren vor, denen ich bis zum Gipfel weitgehend folge. Im hart gefrorenen Schnee lassen sich kaum Tritte machen. Deshalb bin ich froh um Steigeisen und Pickel. Ansonsten ist der Aufstieg aber nicht sonderlich schwierig. Einige Stellen sind aper, meist geht es im Schnee besser. Die Grösse der Wechten muss vorsichtig beurteilt werden. Ein langgezogener feiner Riss liegt mehrere Meter vom Wechtenende entfernt. Im oberen Bereich nimmt die Neigung wieder ab, und bald ist der kleinräumige Gipfel mit sympathischem Gipfelkreuz erreicht.

Das Panorama ist in der Tat grandios und ich lasse mir viel Zeit beim Fotografieren und Pausieren. Die drei Tourer, die mit mir auf der Rugghubelhütte waren, schreiten gerade über den Schlossfirn auf ihrem Weg zum Brunnistock, während ich mich langsam vom Gipfel trennen muss. Die Flanke zwischen Engelberger Lücke und Gipfel ist der Sonne zugewandt und erwärmt sich dementsprechend schnell, so dass ich beim Abstieg schon minimal weniger stark gefrorenen Schnee antreffe. Undeutliche Spuren lassen erkennen, dass irgendwann auch mit Skiern abgefahren wurde.

Engelberger Lücke - Wissigstock
Zurück in der Engelberger Lücke angekommen, treffe ich auf zwei Skitourer, die zum Brunnistock wollen. Wir wechseln ein paar Worte, bevor wir des Weges ziehen. Wieder mit Schneeschuhen gehe ich etwas unterhalb vom Grat entlang in Richtung Wissigstock weiter. Für Tourenskifahrer ist durchgehend eine gute Spur vorhanden. Auch hier gibt es Wechten, meist bewegt man sich aber relativ weit von der Gratkante entfernt in sanft geneigen Hängen querend. Schlüsselstelle ist ein steiler Aufschwung (ca. 35°), der etwas ausgesetzt erklimmt werden muss (WT4). Trotz einigen vereisten Stellen ist die Passage im Aufstieg leicht zu bewältigen. Wenig später komme ich beim weitläufigen Gipfelbereich des Wissigstock an. Ein Steinmann markiert den höchsten Punkt. Der Wissigstock wartet mit einem Panorama auf, an dem man sich fast nicht sattsehen kann. Es eröffnet sich ein Blick nach Süden und Südosten, wie man ihn vom Engelberger Rotstock noch nicht hatte. Nach den obligatorischen Fotos mache ich eine gute halbe Stunde Pause und geniesse die abgeschiedene Atmosphäre. Derweil erreichen noch drei weitere Personen den Gipfel.

Wissigstock - Rot Grätli
Kurz vor halb eins verabschiede ich mich schweren Herzens vom Wissigstock und beginne den langen Abstieg zur Bannalp. Der Steilaufschwung auf dem Grat zum Wissigstock bereitet mir im Abstieg etwas mehr Sorgen. Mit kurzen Zittern geht es ohne Steigeisen. An der Engelberger Lücke laufe ich dieses Mal knapp vorbei und steige direkt im sehr steilen Hang bis unter den Engelberger Rotstock ab. Dank mittlerweile aufgeweichtem Schnee ein Genuss. Bei der anschliessenden Querung zum Rot Grätli (WT4) halte ich mich zu Beginn eher tief, nicht zuletzt wegen der Lawinengefahr, die direkt unter der Südwestflanke herrscht. In feuchtem gut griffigem Trittschnee insgesamt problemlos.

Rot Grätli - Bannalper Schonegg
Der Abstieg vom Rot Grätli auf bekanntem Weg geht recht zügig. Ich suche mir möglichst die Stellen mit pulvrigem Schnee. Der anschliessende Weg durch zwei Geländekammern am Ober und Unter Engelbergeger Egg vorbei zieht sich etwas in die Länge. Langsam macht sich doch eine gewisse Müdigkeit bemerkbar, und die wechselnde Schneequalität macht das Gehen nicht besonders angenehm. Interessant ist es, die vielen neuen Spuren im Gelände zu beobachten. Nach diesem wunderbaren Wochenende mit recht sicheren Bedingungen wurde so ziemlich alles angespurt was geht...

Dieses Mal will ich die Bannalper Traverse umgehen. Deshalb ziehe ich östlich am P.2223 vorbei und steige ein Stück in der sanft geneigten Flanke bei "Oberberg" ab, bis in die Nähe einer Hütte. Von dort visiere ich das Bannalper Schonegg an. Gut 100 Höhenmeter kostet die Aktion. Die insgesamt 150 Höhenmeter Gegensteigung bis zum Bannalper Schonegg in weichem Schnee und steilem Gelände gehen recht in die Beine. Die letzten Meter fordern mich konditionell ziemlich, bis ich schliesslich einer gefrorenen Spur entlang die Wechte überwinden kann.

Wahrscheinlich wäre es mit weniger Höhenverlust und Umweg gegangen: Es sollte möglich sein, direkt beim Beginn des Quergangs westlich vom P.2223 über eine nicht allzu steile Mulde ein Stück weit abzusteigen und dann wie gehabt den Pass anzupeilen. Eine weitere Variante hätte sich ganz oben durch ergeben (ebenfalls mit zusätzlichen Höhenmetern, vgl. Skitourenkarte). Diese Route wurde aber gerade von einer grossen Gruppe belagert, die sich im Aufstieg befand.

Bannalper Schonegg - Bergstation Luftseibahn Chrüzhütte
Für das letzte Teilstück zur Bergstation Chrüzhütte wähle ich dieses Mal die offizielle Route via Urnerstafel. Dies empfiehlt sich aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit. Zuerst muss ich aber nach einem Ort mit geschlossener Schneedecke suchen für den rassigen Abstieg vom Bannalper Schonegg, denn im Vergleich zum Vortag ist beachtlich viel Schnee weggeschmolzen. Genügend Schnee findet sich noch in einer schwach ausgeprägten Rinne relativ weit südlich, die ich in der Fallline absteige. Danach folge ich den unzähligen Spuren von Skifahrern und Schneeschuhgängern bis zum Urnerstafel. Eine kurze Gegensteigung auf dem markierten Schneeschuhtrail bringt mich müde aber glücklich zur Seilbahnstation zurück.

Der Engelberger Rotstock und der Wissigstock haben konnten mich voll und ganz in Ihren Bann ziehen. Ein Bergerlebnis sondergleichen! Für eine Begehung mit Schneeschuhen lohnt sich eine Übernachtung in der Rugghubelhütte, ausser man verfügt über eine sehr solide Kondition. Bezüglich der Schwierigkeiten sind vor allem die Querungen beim Bannalper Schonegg und unter dem Engelberger Rotstock zu erwähnen. Unbedingt die Lawinensituation beachten! Die Schwierigkeiten können durch Umgehen oder weiter ausholen zumindest teilweise reduziert werden. Ebenfalls anspruchsvoll aber kurz ist die Steilstufe vor dem Wissigstock. Der Engelberger Rotstock kann bei guten Bedingungen mit Schneeschuhen begangen werden (WT5). Ich habe in Anbetracht des pickelhart geforenen Schnees und der teilweise aperen Flanke Steigeisen bevorzugt. Wenn man den Engelberger Rotstock auslässt, reduzieren sich die Schwierigkeiten auf WT4. Die Schneequalität war der Jahreszeit entsprechend nicht unbedingt traumhaft, dafür war aber oft ein effizientes Vorankommen möglich.

SLF: gering (im Tagesverlauf mässige Gefahr von Nass- und Gleitschneelawinen)

Tourengänger: Chrichen


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Kommentare (4)


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Felix hat gesagt:
Gesendet am 11. April 2016 um 10:18
toll - die Tour, das Wetter, die Leistung!

Chrichen hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. April 2016 um 17:59
Vielen Dank! Eine unvergessliche Tour für mich!

Stevo47 hat gesagt:
Gesendet am 11. April 2016 um 12:04
Eine fantastische Tour an der du uns wieder mit sehr eindrucksvollen Bildern teilhaben lässt. Vielen Dank für die Mühe und bis bald zu unserer nächsten Tour!

Chrichen hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. April 2016 um 18:00
Freue mich schon auf die nächste gemeinsame Tour!


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