Pfannenhölzer und Hengst auf den Normalwegen


Publiziert von Kauk0r , 11. Dezember 2015 um 11:19.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:10 November 2015
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 1500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PKW zum Parkplatz Auf der Höh (2,50€/Tag) in Hinterstein, mit ganzjährig geöffneter Toilettenanlage!

Für die Profis unter den Bergsteigern gibt es auf den Pfannenhölzer (2029 m) und den Hengst (1989 m) knackige Gratübergänge (siehe quacamozzas Bericht *Pfannenhölzer-Überschreitung und Hengst-Überschreitung). Wer nicht ganz so versiert ist, sich aber in weglosem T5-Gelände trotzdem wohlfühlt, für den gibt es lohnende Normalwege auf einsamste Gipfel in einer ansonsten zumeist hoffnungslos überlaufenen Gegend.

Ausgangspunkt der Tour war der Parkplatz am Ortsende von Hinterstein. Es folgte die übliche Radtour zum Giebelhaus (1065 m), dort dann nach rechts abgebogen in Richtung Schwarzenberghütte. Ein wenig weiter an der nächsten Kreuzung wiederrum nach rechts zur AV-Hütte, der Weg bleibt weiterhin asphaltiert, wird aber deutlich steiler. In einigen Serpentinen geht es bis knapp unterhalb der Schwarzenberghütte (1380 m), man folgt dem nach links abbiegenden Schotterweg in Richtung Käseralpe/ Großer Daumen. In Kürze steht man dann am Ende des Fahrwegs an der Käseralpe (1401 m), trotz des tiefen Schotters geht es mit Trekkingrad, zumindest wenn man schiebt (schieben muss ;) ). Nun geht es auf dem Wanderweg ohne große Umwege vorbei an der verfallenen Alpe Engeratsgund (1622 m, jetzt Gündleshütte) hinauf zum Engeratsgundsee (1876 m). Die letzten Meter Wanderweg habe ich in direkter Linie gegen das Türle abgekürzt. Die kleine Scharte namens Türle (1955 m) erreicht man über einen deutlich ansteilenden, schotterigen Wanderweg. Hier jetzt dem Wegweiser Richtung Großer Daumen nach links folgen, bis dieser unter dem Grasbuckel des Falken nach links abknickt. Dort einfach geradeaus weiter über den breiten Grasrücken, in Kürze steht man dann Auf dem Falken (2090 m). Eine Querung in der Ostflanke des Falken als effizienterer Zugang zum Kirchl ist in den steilen Flanken nicht möglich. Man steigt auf der anderen Seite ab ins geröllige Kar (ein herrliches Fleckchen Allgäuer Alpen) und sucht sich einen angenehmen Weg hinab in die Scharte vor dem Kirchl.

An dieser Scharte (um 2020 m) setzt der Südwestgrat an, der ohne größere Schwierigkeiten auf den Westlichen Pfannhölzerturm, auch Kirchl (um 2050 m) bezeichnet, führt. Man orientiert sich dabei an der Grathöhe, den felsigen Aufschwung bin ich auf gutem Band rechts/südseitig umgangen. Oben folgt man dem breiten Grasrücken nach Osten, bald wird er aber schmaler und felsiger. Den ersten Felsabschwung bin ich in der südseite auf guten Tritten, aber steil umgangen. So erreicht man den grasigen Absatz über dem zweiten Felsabschwung. Hier lohnt es sich bereits vom Türle die Möglichkeiten einzuprägen. Die direkte Kante ist kletterbar (II), ich habe sie aber in der Südflanke umgangen. Dies geht über zwei steile Rinnen ganz gut: Eine breitere, einfachere etwas westlicher und eine schmalere, steilere knapp östlicher. Der Einstieg in die schmale Rinne ist etwas unangenehm (I), da die abwärtsgerichteten Tritte geröllreich sind, unten raus wirds aber schnell besser (T5). Danach wird gleich unter den Felsen auf gut gangbaren Gras-Geröll-Bändern gequert und man steht in der Scharte (ca. 1980 m) vor dem Pfannenhölzer. Der folgende Gratabschnitt ist recht steil, allerdings auf Pfadspuren gut zu begehen. Etwas arg schotterig leiten sie zunächst an den Felsaufschwung heran, der dann unterhalb passiert wird, oben schwenken die Spuren dann nach links auf die Grathöhe und ihr folgend auf den Pfannenhölzer (2029 m). Der höchste Punkt ist die Westlichste der Gratkuppen, ein Steinmann steht auf der Östlichsten. Sie erreicht man indem man dem teils zusammenschnürenden Gratverlauf mehr oder weniger an der Höhe folgt, ein Ausweichen in die Südflanke jederzeit möglich, aber nicht nötig.

Für den Rückweg hatte ich mir eine direkte Variante in Richtung Türle ausgewählt. Dies ist insgesamt die einfachste Variante, den Pfannenhölzer-Gipfel zu erreichen und bietet sich an, wenn man nicht mehr in Richtung Kleiner Daumen weiter möchte. Man erkennt bereits beim Gratübergang vom Falken her kommend, dass sich in dessen Ostflanke ein breiter, gangbarer Absatz zwischen den steileren Abbrüchen befindet. Zunächst habe ich die Gipfelkuppen des Pfannenhölzers in der Südflanke auf guten Tritten in Gras umgangen und bin problemlos zum "Mittleren Pfannhölzerturm" gelangt. Auch ihn kann man steiler in der Südflanke unter den Felsen umgehen und befindet sich dann bereits in der Querung zum oben erwähnten Absatz. Ansonsten folgt man dem Gratverlauf bis in die Scharte vor dem Kirchl und steigt dann über Grasrippen abwärts. Die Querung habe ich recht hoch am Absatz angesetzt und konnte so auf guten Grasbändern bis zum Weiderücken gehen. Je weiter man kommt, desto gerölliger wird der Untergrund, aber nie schwierig. Am Weiderücken steigt man dann entlang der Bachrunse ab, bis man sie dort quert, wo auf der anderen Seite eine deutliche Spur in die Flanke führt. Auf der anderen Seite wird die Querung fortgesetzt, man kann sogar komfortabel etwas aufwärts queren, bis man auf den Wanderweg trifft, der zügig zum Türle führt. Der Gegenanstieg in dieser Variante beträgt gut 50 Höhenmeter, die Variante übers Kirchl wären gut 100 Höhenmeter und eine wesentlich längere Wegstrecke.

Vom Türle steigt man auf dem Wanderweg hinab, um dann unten sofort weglos nach links zu schwenken, um in die Südflanke unter dem Hengst zu gelangen. Die Südflanke wird dann ein ganzes Stück gequert, um an die deutliche Schneise zu gelangen, die von der Engeratsgundalpe aus in Augenschein genommen werden sollte. Sie ist der einzige sinnvolle Zugang auf den Hengst von dieser Seite aus.
Die Flanke ist anspruchsvoller zu begehen als mein Abstieg vom Pfannenhölzer, es liegt wesentlich mehr Geröll herum und die Tritte sind weniger ausgeprägt. Am besten quert man recht hoch über den Latschen (aber auch die obersten Latschenabschnitte haben Durchlässe, das ist eher Geschmacksache), dort zeigen sich dann immer wieder Wildwechsel. So gelangt man auf eine Grasrippe, die oberhalb der Normalweg-Rinne zum Grat emporführt. Sie ist eigentlich ganz gut gestuft, die Tritte sind jedoch auch hier stark geröllig und die Steilheit vor allem im Mittelteil deutlich zunehmend (T5). Wenn man die Südflanke tiefer quert kann man die Grasrippe unten umgehen und gelangt dann in die oben erwähnte Normalweg-Rinne. Dort geht es dann empor, das beste Gelände ist mittig zwischen Rinnengrund und dem Riegel zur Linken. Je näher man dem Riegel kommt, desto unangenehmer wird das Grasgelände, wenig Tritte, viel loses Gestein. Dies ist mit Abstand der steilste Abschnitt des Aufstiegs (extremes Gehgelände). Oben verflacht das Gelände etwas, die schrofigen Grastritte werden wieder ausgeprägter, teils sogar bandartig. Hat man sich von unten den Durschlupf zum Ostrücken gut ausgeschaut, kommt man ohne Latschenkontakt auf selbigen. Den Rücken zügig hinauf gen Gipfel, auch hier lassen sich auf der nahezu alle Latschen vermeiden. Am Gipfel findet sich dann ein Gurkenglas-Gipfelbüchlein der Festivaltour-Jungs. Es hatte seit der Platzierung Anfang Juni 2011 im November 2015 28 Einträge, wahrliche Einsamkeit!

Der Abstieg über die Rinne des Normalwegs ist im Mittelteil nochmal unangenehm, der Steilheit und geringen Ausprägung der geröllbelagerten Tritte wegen. Anschließend hab ich die Rinne jedoch zunächst nach rechts abwärts in eine parallele Latschengasse verlassen, später dann auf die linke Seite gewechselt. Über den Wanderweg gings dann schnell zum Rad und ins mittlerweile schattige Hinterstein Tal.

Fazit: Nicht die ganz großen Gipfel, aber ein wunderbarer, geschenkter Herbsttag im Hintersteiner Tal. Ein Großteil der Tour wird auf Wegen absolviert, die weglosen Gipfelanstiege sind nicht zu schwer für eine Genussrunde (kurz wird an jedem Gipfel die T5 erreicht, ansonsten leichter, um T4). Jedoch erfordern sie eine gute Trittsicherheit, Erfahrung im weglosen Gelände und eine Portion Orientierungssinn. Still war es an jenem Tag in den Bergen, einen späten Berggänger traf ich im Abstieg, sonst  in der nahen Umgebung keine Menschenseele. Auch die Gipfel ringsumher waren so gut wie nicht besucht, nirgends mehr als eine Person oben.

(Erstmals publiziert habe ich diesen Bericht auf alpic.net: Link Pfannenhölzer (Normalweg) und Hengst)

Tourengänger: Kauk0r


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