Piz Cengalo 3369m


Publiziert von Cubemaster , 1. Dezember 2015 um 17:47.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Bregaglia
Tour Datum:31 Juli 2015
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   I 
Zeitbedarf: 13:00
Aufstieg: 2200 m
Abstieg: 2200 m

Die Geschichte meiner Besteigung des Piz Cengalo beginnt eigentlich noch bei mir zuhause, als ich verzweifelt versuchte, aus den italienischen Berichten mithilfe von Google-Übersetzer so viele Informationen über die Route zu sammeln wie möglich. Aber erst als mein guter Freund Tim mir einige Berichte ins Deutsche übersetzte (Nochmals vielen Dank an dieser Stelle!), war ich mir sicher genug die Tour anzugehen.

Die Gelegenheit ergab sich, als Marie und ich Urlaub im Valchiavenna machten. Marie benötigte einen Tag Pause nach unserer Tour auf den Pizzo Tambo, bei der sie mich tapfer bis 150m unter dem Gipfel begleitete. Also fuhr ich früh morgens los und startete um 8 Uhr in Bagni del Masino. Da nun 2200 Höhenmeter vor mir lagen, schlug ich ein entsprechendes Tempo an und erreichte nach ca. 3,5 Std. die Gianetti-Hütte.

Ich machte eine Viertelstunde Pause auf der Hütte und unterhielt mich mit einigen Kletterern, die ihre jeweiligen Touren hatten abbrechen müssen, weil das Wetter eben doch nicht so gut war wie angesagt. Na ja, ich wollte ja keinen VIer klettern, sondern nur den Normalweg auf den Piz Cengalo angehen. Also startete ich Richtung Einstieg, zu dem es leider keinen vernünftigen Weg gibt. Im Wesentlichen hielt ich einfach auf den großen Kessel zwischen Punta Sertori und Piz Cengalo zu. (Es gibt wohl einige Steinmännchen, aber Steigspuren suchte ich vergeblich.)

In dem Kar angekommen kraxelte ich über die teilweise von Geröll bedeckten plattigen Felsen Richtung Colle del Cengalo hinauf. Anfangs blieb ich noch etwas rechts unten im flacheren Bereich, dann ergab sich die Möglichkeit, über ein Felsband nach links hinauf zu gelangen. Oben geht es dann noch ein paar Meter über Geröll bis zum eigentlichen Einstieg der Route. Ab hier gibt es auch viele Steinmännchen.

Direkt zu Beginn ist eine mindestens 8 Meter hohe, sehr steile und glatte Platte zu überwinden, die auch sofort die erste Schlüsselstelle der Tour darstellt. Ohne das dort angebrachte Seil wäre es sicherlich eine III. Aber auch mit dem (nicht mehr sonderlich vertrauenerweckenden) Seil ist es nicht ohne! (Dazu später mehr...) Ich versuche eigentlich immer so gut wie möglich frei zu klettern, aber die glatte und teilweise nasse Platte war mir dann doch zu gruselig. Unter einer Verschneidung (wo man mit beiden Händen nur Untergriffe hätte) packte ich also einmal beherzt an das völlig durchnässte und ekelhaft kalte Seil. Den einfacheren Rest kletterte ich wieder frei.

Oberhalb versperrt ein riesiger Block den Weiterweg. Dieser muss rechts (links habe ich zumindest keine sinnvolle Möglichkeit gesehen) über glatte Platten umklettert werden. Auch diese kleingriffige und ordentlich ausgesetzte Stelle empfand ich als nicht einfach. Dann legt sich das Gelände zurück und man erreicht unschwierig die erste Scharte, den Colle del Cengalo. Es eröffnet sich ein gewaltiges Panorama: Links und rechts gähnen die hunderte Meter hohen, fast senkrechten Abstürze von Piz Badile bzw. Piz Cengalo und ganz tief unten liegt, hinter einem ganz schmalen und steilen Taleinschnitt, das Val Bregaglia. Ich glaube, in so einer wilden Gegend war ich vorher noch nie!

Über Geröll geht es weiter in Richtung des ersten Grataufschwungs. Eine Steigspur leitet nach links zur nächsten Schlüsselstelle. Die Spitze des Grataufschwungs muss links entlang einer Kette umklettert werden. Man überwindet ein sehr brüchiges und abschüssiges Band und klettert anschließend in einem ca. 4 Meter hohen Riss nach oben, wobei die Kette jeweils die notwendige Sicherheit liefert. (Unterhalb fallen die Nordwände hunderte Meter steil nach unten ab!) Am Ende der Kette wechselt man kurz die Gratseite, klettert aber sofort wieder nach links hinauf und erreicht die ausgesetzte Gratschneide, der man ein paar Meter bis in die zweite Scharte folgt.

Hier geht es zuerst wieder über Geröll soweit hinauf wie möglich, danach wartet die dritte Schlüsselstelle der Tour: Die Wand, die man erklettern muss, ist wohl keine 3 Meter hoch, aber die Platten sind so abwärts geschichtet, dass man im Prinzip einen leichten Überhang hat. Oberhalb sind die Platten von großen Rissen durchzogen, in denen man gut Halt findet. Nach ein paar Metern wird das Gelände wieder flacher und geht in Geröll über. Nach dem Geröllfeld wird das Gelände wieder schwieriger und ich stellte fest, dass man hier nicht weiterkommt. Ein paar Meter zurück hatte ich ein Steinmännchen übersehen, dass nach rechts leitet. Es gibt hier ein breites Band, auf dem man die Spitze des zweiten Grataufschwungs bequem rechts umgehen kann, nur die letzten Meter abwärts zur dritten Scharte sind etwas ausgesetzt.

In der Scharte angekommen steht man nun vor einem Riegel aus großen Platten, die wohl recht schwierig zu überklettern wären. Die Steinmännchen leiten nach rechts und über einen waagerechten Riss hinweg. Ich folgte ihm, was gar nicht so einfach war, da ich überhaupt keine Griffe hatte und nur in dem Riss stand. (Man könnte wohl auch weiter unten durchs Geröll gehen, aber dann müsste man hinter dem Riss wieder hinaufkraxeln, was auch nicht so einfach aussah.) Anschließend kann man unschwierig wieder nach links oben kraxeln und hat den plattigen Riegel somit überwunden.

Hier hat man eigentlich die Hauptschwierigkeiten hinter sich und muss nun noch etwas Zähigkeit beweisen, denn es sind noch ca. 200 Höhenmeter einfaches Gelände bis zum Gipfel. Rechts der Gratschneide kraxelte ich über Blöcke und Geröll immer in Richtung Gipfel. Nach einiger Zeit erreichte ich wieder den Grat, der hier sehr flach wird. Ein Schneefeld war hier noch, also blieb ich etwas rechts davon. Eine einfache, letzte Kraxelstelle vor dem Gipfel war schnell überwunden und ich erreichte das flache Gipfelplateau. Doch zwischen mir und dem eigentlichen Gipfel lag nun noch ein Hindernis mit dem ich nicht gerechnet hatte: Ein riesiges, völlig vereistes Schneefeld versperrte den Weg.

Ich hatte keine Steigeisen dabei und probierte, ob ich auf dem relativ flachen Schnee mit den Schuhen Halt finden würde. Ich tat zwei Schritte, rutschte aus und landete auf der Steinplatte darunter. Damit hatte ich zwar grundsätzlich gerechnet, die Heftigkeit, mit der es mich umriss, war aber doch überraschend. Ich rappelte mich auf und sah, dass es weiter hinten keine Steinplatten mehr gäbe, die mich halten würden, dieser Weg war also keine Option. Links des Schneefeldes gab es aber ein schmales Band, auf dem kein Schnee lag. Eine steile, aber nicht ausgesetzte Platte müsste überwunden werden, um dorthin zu gelangen. Ich kraxelte so weit nach oben wie möglich, hielt mich an einer Ecke des Eises fest und zog mich nach oben.

Dann folgte ich dem Band links des Schneefeldes immer weiter und nach ein paar Minuten tauchte der schneefreie Gipfel direkt vor mir auf. Als ich den Gipfel erreichte war es 15 Uhr 30. (Also 7,5 Std. Gehzeit) Einige Kletterer waren gerade auf dem obersten Stück des Südgrats Richtung Gipfel unterwegs und ich beschloß, auf sie zu warten. Wir machten dann noch gegenseitig ein paar Fotos und ich ließ mir etwas über die Via Vinci erzählen, die sie gerade gemacht hatten (VI+). Da muss ich wohl noch etwas trainieren...

Ich machte mich dann auf den Rückweg, während die beiden noch auf zwei andere Kletterer warteten. Es verlief alles ganz unproblematisch, bis ich zu der Einstiegsstelle mit dem Seil kam. Ich war ja mehr oder weniger am Fels heraufgeklettert und dachte, dass ich mich einfach am Seil herablassen könnte. Also griff ich das Seil, stemmte mich mit den Füßen gegen die Platte und begann herabzulaufen. Doch schon nach ein paar Sekunden waren meine Hände eiskalt. Das Seil war verdammt glitschig und ich hatte jedesmal, wenn ich eine Hand losließ, das Gefühl, die andere würde gleich abrutschen. Ich war heilfroh als ich unten ankam!

Gegen 18 Uhr erreichte ich die Hütte und wollte dort etwas essen, doch sie bereiteten gerade das Abendessen für die Nächtigungsgäste vor und so bekam ich dort nichts mehr. Hungrig schleppte ich mich die 1400 Höhenmeter hinunter und erreichte in anbrechender Dunkelheit mein Auto. So fertig war ich lange nicht gewesen! Ich rief Marie an, die sich sofort bereit erklärte, mir Nudeln zu kochen, und so war das Essen schon fertig, als ich die Ferienwohnung um 22 Uhr 30 erreichte. Ein absolut fantastischer Ausklang der Tour!

Der Piz Cengalo war Gipfel Nr. 89 / 163 meines großen Projekts "Alle 3000er der Ostalpen mit mindestens 400m Schartenhöhe". Mehr Infos auf meiner Homepage.

Tourengänger: Cubemaster


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