Malý a Velký Bezděz (Neuberg und Bösig)


Publiziert von lainari , 10. November 2015 um 20:04.

Region: Welt » Tschechien » Dokeská pahorkatina
Tour Datum: 8 November 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CZ 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 430 m
Abstieg: 430 m
Strecke:18 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Zug der ČD nach Bezděz
Kartennummer:1:50.000, KČT Nr. 15 Máchův kraj

Der Böse (be-)sucht die Bösige
 
Ich habe sie von Weitem gesehen. Ich habe sie von Nahem gesehen. Ich bin um sie herumgeschlichen. Jetzt möchte ich sie erobern, sie persönlich kennenlernen. Meine heutigen Begehrlichkeiten umschrieb der Literat einst wie folgt:
„Es sind dies die letzten versteinerten Wogen jener vulkanischen Gährung, die in wilder Flut an den Grenzen unsers Vaterlandes aufbrauste, und sich dann südwärts allmälig verflachte. Nun stehen sie da wie zwei innige Freunde, die in ihrer Abgeschiedenheit sich selbst genügen, und in jeglichem Geschicke treu sich zur Seite bleiben.“*
Gemeint ist damit die markante Doppelformation der Bösige im Hirschberger Hügelland in Tschechien. So mache ich mich auf in einen feuchten, für November mit knapp 15° C ungewöhnlich warmen Morgen. Die Regenwolken des Vortages sind abgezogen und die hohe Temperatur verhindert die sonst herbstübliche Nebelbildung. Die Fahrt führt über angenehm leere Straßen. Einzig Lärchennadeln und Buchenlaub erfordern in Waldabschnitten erhöhte Aufmerksamkeit. Unterwegs erlebe ich einen herrlichen Sonnenaufgang. Ich erreiche schließlich meinen Startpunkt Bezděz - nádraží (Schloßbösig - Bahnhof).
 
Ab dem Wanderwegweiser an der Bahnhofszufahrt folge ich einer grünen Markierung in südliche Richtung. Der Weg führt durch einen hauptsächlich aus Kiefern bestehenden Wirtschaftswald, der in regelmäßige Abteilungen gegliedert ist. Der etwas gleichförmige Marsch wird für die Augen durch unterschiedliche Wuchshöhen des Waldes aufgelockert, auch Ohren und Nase haben genug Arbeit. Nach einer Straßenquerung wird es interessant, da der Weg auf einen schmalen Pfad einbiegt. Nach einem Rastplatz sehe ich eine letzte Markierung und steige rechts davon in ein Tälchen hinunter. Das erweist sich nicht als Sackgasse, ist aber dennoch falsch. Wieder oben schaue ich nach links. Ein schmaler Pfad sieht recht unbenutzt aus, so dass ich den Hauptweg nehme. Dieser führt ohne weitere Markierung auf ein Feld hinaus. Das gesuchte Tal liegt rechts daneben. Ich favorisiere einen weglosen Abstieg. Eine taufeuchte Kiefernschonung sorgt für eine angemessene Bestrafung. Etwas durchnässt beschreite ich nun den markierten Talweg. Im unteren Bereich des Tales werden an den Flanken einige Sandsteinfelsen sichtbar. Im Verlauf treffe ich auf eine Straße und biege nach links auf. Nach einer Kreuzung folgt rechts ein unmarkierter, mit Schranke verschlossener Waldweg. Leicht steigend gehe ich dahinter das sandsteingesäumte Žďárský důl hinauf. Im oberen Teil des Tales biege ich nach rechts ab und erreiche nach kurzer Zeit die Ortslage Žďár (Zdiar). Der Ort besticht durch ein kompaktes, aus historischen Holzhäusern bestehendem Ortsbild. Ab hier folge ich einem rot markierten Wanderweg. Er führt im Ort durch ein enges Tal mit einigen Felsenkellern und schönen alten Häusern. Hinter dem Ort wird erstmals die Doppelformation der Bösige sichtbar. Mit Blick auf diese pausiere ich kurz. Dann laufe ich um ein Feld herum zurück in den Kiefernforst. Später wird die Bahnstrecke unterquert und die Fernstraße muss überquert werden. Dahinter beginnt der Anstieg. Mit moderater Steigung komme ich nach Bezděz (Schloßbösig).
 
Im Ort beachte ich nach wie vor die rote Markierung. Als diese mit dem an eine Mauer geschriebenen Wort „Doksy“ abzweigt, hält man sich besser weiter bergwärts. Am oberen Ortsrand wird aus der Anliegerstraße ein Waldweg, der sich auf den Sattel zwischen den beiden Bergen hinaufzieht. Durch die frische Laubauflage etwas versteckt, muss ich hier genauer hinschauen. Zu beachten ist dabei, dass sich die Bösige in einem Naturschutzgebiet befinden und Wegegebot herrscht. Auf dem Sattel halte ich mich links und treffe zielsicher auf den Bergpfad hinauf auf den Malý Bezděz (Neuberg/Teufelsberg). Die laubfreie Zeit macht ihn zu einem reizvollen (ruhigen) Gipfelziel. Oben sind die Reste von schwedischen Schanzen aus dem Dreißigjährigen Krieg auszumachen, die sicher zur Eroberung der benachbarten Burg gedient haben. In der herrlichen Herbstsonne lege ich eine gemütliche Mittagsrast ein. Wieder abgestiegen, steige ich auf der anderen Seite des Sattels wieder bergwärts. Auch hier ist ein Bergpfad auszumachen. Dieser ist etwas steiler und ausgesetzter als der Weg zum kleineren Bruder. Am Tor Nr. 3 mündet er auf den offiziellen Burgzugang ein. Nach einer Internetrecherche ist mir bewusst, dass die Burg von November bis Ende März geschlossen ist. Einige Leute haben sich jedoch unten im Ort von einem verblichenen Otevřeno (Offen)-Schild, das die Monatsangaben überdeckt, herauf locken lassen und sind nun umso mehr enttäuscht. Am Tor Nr. 4 ist Schluss mit dem Besuch. Ob der höchste Punkt des Velký Bezděz (Bösig) nun innerhalb oder außerhalb der Burgmauern zu finden ist, lässt sich nicht auf Anhieb klären. Luftbilder lassen zwischen der Kirche und dem Bergfried eine Art Plateau erkennen. Die Burg Bösig wurde ab 1264 als Königsburg für Ottokar II. Přemysl errichtet und war lange Zeit baulich unverändert. Erst um 1620 wurden von Wallenstein größere Umbauten und Ergänzungen veranlasst. Dennoch wurde die Burg später von den Schweden eingenommen und blieb nach dem Dreißigjährigen Krieg unbewohnt. Die heute staatlich verwaltete Burg genießt in Tschechien gewissen Kultstatus und auch ich werde sie bestimmt noch einmal besuchen. Auf dem offiziellen Zugangsweg steige ich in den Ort Bezděz hinunter ab. An einem Teich pausiere ich nochmals. Dann gehe ich geleitet von einer blauen Markierung entlang der Straße zurück zum Ausgangspunkt Bezděz - nádraží und trete die Rückfahrt an.
 
Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 5 h. Die Schwierigkeit ist auf weiten Strecken als T1 zu bewerten, die Auf- und Abstiege an den Bergen als T2.
 
* Prof. Ant. Fähnrich 1848: „Die Burgruine Bezděz oder Bösig im bunzlauer Kreise“

Tourengänger: lainari


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Kommentare (2)


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pika8x14 hat gesagt:
Gesendet am 10. November 2015 um 21:29
Hallo lainari,

da hätten wir uns ja fast getroffen.

Noch am Morgen hatten wir ernsthaft über einen Besuch von Malý und Velký Bezděz nachgedacht. Allerdings sind wir dann stattdessen auf die Lausche gewandert und haben die "Bösige" von dort - also mit etwas mehr Abstand - betrachtet ;-)

Zumindest haben wir nun schon einmal eine gute Vorlage für "demnächst" …

Viele Grüße.

lainari hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. November 2015 um 17:05
Hallo den entscheidungsfreudigen pikas,

da scheinen wir ja ein ähnliches Vorgehen zu pflegen - mehrere Sachen vorbereitet, von denen dann eine Option relativ kurzfristig gelöst wird.
Darf man sich denn auf einen lauschigen Bericht freuen?
Ein Schönwetter-Besuch dort fehlt mir auch noch, aber ich hab da schon mal was vorbereitet...;-)

Zum Thema Vorlage: Ein möglicher Ausgangspunkt ist auch Okna (Woken), da gibt es eine schöne Runde im Netz (1 km länger als meine Variante), hab ich leider erst hinterher entdeckt.

Viel Spaß "demnächst" und
freundliche Grüße
lainari


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