Der Teufelsgrat zum Hochwanner (2746m) - Macht seinem Namen alle Ehre


Publiziert von AIi , 4. Dezember 2015 um 21:19.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum: 8 November 2015
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 14:00
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m

Vier große Grate durchziehen das Wetterstein: Allen voran der Jubigrat, der die Alpspitze mit Deutschlands höchstem Gipfel, der Zugspitze, verbindet. Der Jubi ist zwar der längste und bekannteste Grat im Wetterstein, doch nicht zuletzt wegen der vielen drahtseilentschärften Stellen, der leichteste unter den "Großen Vier".
Zwei weitere Grate sind der dem Jubi direkt benachbarte Blassengrat über Hochblassen und Hohen Gaif und der Wettersteingrat ganz im Osten des Gebirges.
Der letzte in diesem exklusiven Club ist der vermeintlich eher unbekannte, dafür aber umso klangvollere Teufelsgrat, um den es in diesem Bericht gehen soll. Er verbindet in der südlichsten Kette des Wetterstein über einen Luftlinie von drei Kilometern den Teufelskopf mit Deutschlands zweithöchsten Gipfel, dem Hochwanner mit 2746m. Schon bei idealen Bedingungen sind die Anforderungen die der Teufelsgrat an seine Bezwinger stellt hoch: In der ungefähren Begehungszeit von 5 bis 7 Stunden sind zahlreiche Kletterstellen bis zu einem Schwierigkeitsgrad von III+ zu meistern, oft in einem sogar für Wettersteinverhältnisse recht brüchigen Gestein bei einer durchweg berauschenden Ausgesetztheit über den ca. 500 Meter tiefen Nordwänden. Für die spätberufenen Gratbegeher im November kommen noch zwei weitere Risikofaktoren hinzu: Zum einen muss das Zeitmanagement akribisch geplant werden, da die Tage im vorletzten Monat des Jahres schon kurz sind, zum anderen warten die ohnehin schon anspruchsvollen Kletterstellen bis III in der Nordseite mit Nässe und Schnee auf - Ausweichmöglichkeiten gibt es keine.
Zusammengefasst kommt eine wahrlich teuflische Tour heraus, einen Sonnenuntergang, zwei Opfergaben und einen Abstieg von Deutschlands Zweithöchsten im Dunkeln inklusive...



Start war um 6.15 Uhr am Parkplatz P2 Wettersteinhütte/Wangalm hinter Leutasch. Noch im Dunkeln steigen wir über einen ausgeschilderten Wanderweg hinauf zur Wettersteinhütte und anschließend weiter über die Wangalm, stets dem Talschluss an den Südwänden von Oberreintalschrofen und Scharnitzspitze entgegen. Auf ca. 1940m erreichen wir eine Weggabelung im Talgrund von der wir dem linken Steig in westlicher Richtung auf einen auslaufenden Rücken folgen. Der dort erreichte Sattel wir anscheinend Telfer Leger genannt. Von dort folgen wir dem grasigen Rücken bergauf Richtung Teufelskopf bis auf ca. 2200m Felsen beginnen. Hier steigt man über eine Rinne etwas links (westlich) des Rückens weiter auf, eine Stelle II muss überklettert werden. Im Anschluss folgt schrofiges Gelände, dann ist zumindest der Grat erreicht. Dort wenden wir uns nach links (Westen) und steigen durch einfaches Gelände, einige Türme umgehend zum Oberen Hundsstallkopf auf, dem offiziellen Beginn des Teufelsgrats.


Eine detaillierte Beschreibung des Grats wäre viel zu umfangreich, daher zu allgemeinen Eindrücken und besonderen Auffälligkeiten:
Wie es auch Algi in seinem Bericht geschrieben hat, werden im ersten Teil des Grats bis zum Hinterreintalschrofen unzählige Türme, Zacken und Türmchen überklettert oder umgangen. Der Fels ist allgemein brüchig, wobei direkt am Grat und in der Nordseite die Qualität meist besser ist als in der komplett bröseligen und schottrigen Südflanke. Uns bzw. mir sind im ersten Teil besonders zwei Anstiege zu Graterhebungen in der Nordseite im Gedächtnis geblieben, da diese vollkommen nass und teils mit Schnee bedeckt waren. Da legt ein Grad von höchstens III- ziemlich an Schwierigkeit zu, besonders mit abgewetzten Sohlen in einer, keine Fehler verzeihenden, Nordwand. 
Im Anschluss folgen zwei griffarme Abkletterstellen von ca. 15m welche mit einem 30m Seil problemlos abgeseilt werden können. ( Abseilstand mit Reepschnüren und Abseilstand mit Reepschnüren+ 2 Schlaghaken ) Ansonsten im oberen Bereich III.
Letzte nennenswerte Schwierigkeit vor dem Hinterreintalschrofen war eine schmale Verschneidung, in der man an einer griffarmen Kante abklettern muss (III+). Siehe Bilder.


Nach dem Hinterreintalschrofen gibt es zunächst ein längeres einfaches Stück, ideal um etwas zu verschnaufen. Anschließend folgt wohl das Highlight des Teufelsgrats: Mehrere hundert Meter über schmale und luftige Schneiden am Jungfernkar vorbei "robben". Aber keine Angst, wer es einmal bis dorthin geschafft hat, den werden die senkrechten Nordwände unterm Gesäß auch nicht mehr stören.
Vor dem letzten Aufschwung zum Vorgipfel des Hochwanner wartet der Grat noch einmal mit einer brüchigen Schneide auf, welche wir kurzerhand mit einem Seil sicherten.

Der Aufstieg zum Vorgipfel des Hochwanner legt dann nochmal ordentlich zu, unserer Meinung nach vielleicht sogar der gefährlichste Teil des Grats. Bilder haben wir leider keine mehr gemacht, wegen Müdigkeit und aufkommender Dunkelheit ließen wir die Hände lieber am Fels. Es muss nämlich nochmals in die feuchte und eingeschneite Nordseite gequert werden, wobei man sich beim Stehen auf kleinen und glatten Tritten nicht richtig festhalten kann, die Griffe können nämlich wie Zähne herausgezogen werden.

Danach ist es aber wirklich geschafft, der restliche Anstieg zum Hochwanner ist ohne technische Schwierigkeiten. Unser Timing haut auch genau hin: Bei 10h seit dem Start und 7,5h zu fünft für den Grat blieb nicht viel Zeit für Pausen, dafür kommen wir aber genau zum Sonnenuntergang am Gipfel an. Allerdings hat der Teufelsgrat auch etwas für sich behalten: Ein Tube und eine noch neuwertige Sonnenbrille warten in der Südflanke auf neue Besitzer.

Nach ausgiebiger Rast treten wir den Abstieg an, mittlerweile ist es jedoch vollkommen dunkel. Gut wenn einer in der Gruppe den Weg kennt und über den Sattel am Predigtstuhl und die Untere Rotmoosalm ins Tal führt. Um 21.15 Uhr endet die lange Tour wieder am P2.

Ausrüstung:
- Helm und Abseilausrüstung
- 30m Halbseil für Abseilen + Reepschnur zum Verbessern des Standes
- Steigeisen + Pickel wegen Schnee (nicht benötigt)

Schwierigkeit:
P2 - Wettersteinhütte - Telfer Leger: T2
Zustieg zum Grat (Teufelskopf): T4 I, Stelle II
Teufelsgrat: bis III+ T6, brüchig, ausgesetzt, ca. 5-7h, ca. 500hm
Abstieg Hochwanner: bis T4 I

Fazit:
Der Teufelsgrat im Wetterstein ist eine hochalpine Unternehmung, dass was manche unter ursprünglichem Bergsteigen verstehen. Wer sich für den Grat zutraut, wird mit einer unvergesslichen Bergtour belohnt, wer sich unsicher ist, sollte vorher noch an anderen Wettersteingraten üben. Auf alle Fälle ist der Teufelsgrat mehrere Nummern schwieriger als sein Nachbar, der Jubi.

Mit auf Tour:
Reiner, Richard, Bernhard und Markus

Tourengänger: AIi


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Kommentare (7)


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dominik hat gesagt:
Gesendet am 4. Dezember 2015 um 22:00
Saubere Unternehmung, congrats!

AIi hat gesagt: RE:
Gesendet am 4. Dezember 2015 um 22:39
Merci dir ;)

Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II hat gesagt: Graterhebungen des Teufelsgrates
Gesendet am 13. Juli 2017 um 16:17
Gratulation für dieses exklusive Unternehmen!
Ich hätte mir aber einen Tag früher im Herbst ausgesucht, also an einem länger erhellten Tag.
Auf der AV-Karte sind 3 Höhenangaben von Graterhebungen des Teufelsgrates eingetragen, die vermisse ich auf Eurer Minimap !
Ich war an einem Abend auf dem Großen Hundstallkopf, sah den Teufelsgrat, musste aber absteigen. Gern wäre ich bis zur ersten IIIer-Stelle weitergegangen. Mich würde interessieren, vor welcher auf der AV-Karte eingetragenen Erhebung sich diese befindet, um evtl. noch einmal dahinzugehen u. die eine oder andere als bestiegenen Gipfel in meine Liste aufnehmen zu können.

AIi hat gesagt: RE:Graterhebungen des Teufelsgrates
Gesendet am 15. Juli 2017 um 12:46
Vielen Dank, Kai.
Was die Wegpunkte der Hikr-Map angeht finde ich, dass nicht jede Erhebung, die in der AV-Karte eine Höhenangabe hat, bei Hikr einen Wegpunkt haben sollte. Ob sich eine Karte auf Papier oder im Internet befindet, ist meiner Meinung nach ein großer Unterschied und bei letzterem Medium wird es ab einer bestimmten Anzahl an Wegpunkten zu unübersichtlich. Markante Gipfel mit Namen einzutragen finde ich ausreichend.

Gruß Ali

Chiemgauer hat gesagt:
Gesendet am 4. Juli 2022 um 00:03
Danke Ali für deinen Bericht! War eine große Hilfe bei unserer Begehung. Hoffe es ist in Ordnung ein zwei Anmerkungen dazu zu machen.
Die erste Abseilstelle lässt sich mutmaßlich in der Südseite einfach lösen. Da steht ein Steinmann der die Umgehung signalisiert und sah auch gut machbar aus. Wir haben das aber auch erst nach dem Abseilen bemerkt.
Die 3+ (wie in entsprechenden Bild bereits angemerkt) lässt sich zwei Meter daneben einfacher lösen.

In Summe wirklich eine geniale Tour wenn man diese Felsqualität mag. Wir haben immer gehofft nicht einen kompletten der zu überkletternden Zäckchen komplett heraus zu reisen. Wirken überwiegen nicht so, als ob sie für die Ewigkeit gemacht sind ;-)

Gruß
Hans

Effendio hat gesagt:
Gesendet am 18. September 2023 um 19:49
Aktueller Zustand + Anmerkung:

Begehung: vom 17.09.2023

1. Abseilstand: 1 Haken + einige Reepschüre (Guter Zustand) - kann südseitig umgangen werden, ist aber auch gut kletterbar...

2. Abseilstand: 3 Haken (1 gut, 1 kann man rausziehen, 1 hängt an einer Reepschnur, teilweise neue Reepschüre (Guter Zustand) - weiter unten sehr griffarme Platte...

Abkletterstelle am Turm: 1 Haken mit Halteseil, braucht man aber eigentlich nicht...

Kurz vor dem Vorgipfel des Hochwassers (Grat vom Höhlenkopf), quer man nordseitig (Steinmann) in die Wand, am besten relativ früh über einen Kamin/Rinne nach oben zum Grat...

Mittlerweile sind einige Steinmänner als Orientierungshilfe...

AIi hat gesagt: RE:
Gesendet am 18. September 2023 um 20:14
Danke für das Update!


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