Marwees-Überschreitung bei viel Wind und Sonnenschein


Publiziert von Chrichen , 8. Dezember 2015 um 08:03.

Region: Welt » Schweiz » Appenzell
Tour Datum: 2 November 2015
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-AI   Alpstein 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1350 m
Abstieg: 1350 m
Strecke:ca. 15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem ÖV: Zug bis Wasserauen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:(Gleicher Weg umgekehrt)

Mit seiner zentralen Lage im Alpstein-Gebirge und dem traumhaften Grat zwischen Ost- und Hauptgipfel bietet sich die Marwees für eine aussichtsreiche Überschreitung ohne grössere Herausforderungen an. Der Ostgipfel und weite Teile des Grates sind erschlossen durch einen gut markierten Alpinwanderweg, der von der Bogartenlücke zum Widderalpsattel führt.

Im Alpinwanderführer Ostschweiz wird die Marwees-Überschreitung mit den Worten "wie fliegen nur schöner" umschrieben. Tatsächlich war der Wind auf dieser Wanderung so stark, dass man ein wenig aufpassen musste, nicht vom Grat zu fliegen. Davon ahnte ich bei meinem Start kurz vor 9 Uhr in Wasserauen wenig, zumal in den Bergen nur "mässiger" Wind vorhergesagt war...

Wasserauen - Bogartenlücke (T2)
Vom Bahnhof Wasserauen folge ich wenige Meter der Strasse in Richtung Dorf. Beim ersten Wegweiser geht es nach links durch Wiesen und via Katzensteig zum nächsten Verzweiger. Hier wieder nach links bergauf durch das romantische Hüttentobel in Richtung Klein Hütten. Beim P.1177 kurz vor Klein Hütten zweigt der Weg zur Bogartenlücke ab. Über Alpweiden, Wald und später durch etwas ruppigeres Gelände erreicht man stets ansteigend einfach die Bogartenlücke. Die Wege sind gut angeschrieben, und man kann stets der Anschrift "Bogartenlücke" folgen. Bei der Bogartenlücke werde ich zusammen mit dem Sonnenschein von einem stürmischem Wind empfangen. Keine guten Voraussetzungen für eine luftige Gratüberschreitung, dennoch entscheide ich mich zu einem Versuch, zumal der Marwees-Grat ja nicht so sehr ausgesetzt ist. Das Bogartenmannli lockt zu einer Kraxeleinlage, bei den windigen Verhältnissen wage ich mich aber nicht daran.

Bogartenlücke - Marwees Ostgipfel - Marwees Hauptgipfel - Widderalpsattel (T4-)
Ab der Bogartenlücke folgt man kurz absteigend dem Wanderweg, bis der weissblau markierte Weg in einer schmaleren Spur nach rechts herausquert. Der Weg ist angeschrieben, zurzeit scheint aber die Tafel beschädigt zu sein. Nach einer kurzen Hangquerung führt der Pfad in engen Serpentinen durch eine Rinne steil hinauf. Bei den vorgefundenen Verhältnissen (trocken, kaum Schnee) kein Problem. Der Wind macht sich hier kaum bemerkbar. Anschliessend führt der Weg nach rechts, wo die Schlüsselstelle der Wanderung wartet: Eine exponierte Querung zu einer Wiesenterrasse. Technisch ist die Stelle nicht besonders schwierig, aber ganz ohne mulmiges Gefühl geht es bei mir nicht. Auf der besagten Wiesenterrasse schlägt der Wind dann voll zu. Meine Mütze will sich davonmachen, und Geradeausgehen fordert bei unerwarteten Böhenspitzen Konzentration. Ich deponiere vorerst meinen Rucksack in einer Mulde und versuche, ein paar Fotos zu machen. Da die Verwackelungsgefahr gross ist schiesse ich im Serienfeuer :-).

Es stellt sich die Frage nach einer Umkehr. Da das Gelände auf der Wiesenterrasse relativ sanft ist, aufrechtes Gehen trotz der Böhen noch gut möglich ist, und der Aufstieg zum Ostgipfel P.1991 im Windschatten zu liegen scheint, entscheide ich mich zunächst einmal diesen anzupeilen. In der Tat geht das ganz gut. Im ostseitig ausgerichteten Steilstück ist es sogar fast windstill. Erst beim Gipfelkreuz windet es wieder stärker, wobei der Wind allmählich etwas schwächer zu werden scheint. Mittlerweile habe ich mich zudem daran gewöhnt, und es steht fest, dass es weitergehen soll.

Was folgt, ist eine herrliche Überschreitung des teilweise ausgesetzten, aber stets hinreichend breiten Wiesengrats. Wunderschön ist die Landschaft. Nach einigen kleineren Aufschwüngen führt der Weg in die nordseitige Flanke. Ich bleibe noch auf der Gratschneide bis zum nächsten Aufschwung. Hier zeigt sich der Grund für das Ausweichen des Weges. Der Grat wird für einige Meter felsig und recht scharf. Da ich die Kraxeleinlagen nicht missen möchte, bleibe ich auf der Schneide. Schwache Begehungsspuren helfen. Normalerweise packe ich die Stöcke weg, wenn die Hände zum Einsatz kommen. Für die schmalen Gehpassagen zwischen den Kraxeleien scheinen sie mir wegen der windigen Bedingungen aber nützlich, weshalb ich sie an den Händen mitführe. Das nötige Gewurschtel nehme ich gerne in Kauf. Dank formidablen Griffen und Tritten macht die Stelle richtig Spass. Schon bald treffe ich wieder auf den Weg. Kurz vor dem Hauptgipfel führt dieser in die Südflanke und umgeht nochmals einige scharfe Gratpassagen. welche ich mir spare. Während der Wanderweg unten hindurch quert, weisen anschliessend deutliche Spuren in Richtung Hauptgipfel. Es lohnt sich diesen mitzunehmen. Nach einigen Fotos vom aussichtsreichen östlichen Ausläufer des Hauptgipfels aus gehe ich zum Gipfelsteinmann und noch etwas weiter nach Westen. Der Boden hat stellenweise schon fast etwas von englischem Rasen. Vom Gipfelbereich kann direkt über Wiesen weglos zur Einsattelung nördlich von P.1952 abgestiegen werden. Hier mache ich eine gemütliche und windfreie Pause. Danach gehe ich ostseitig zum Weg hinunter und folge diesem bis zum Widderalpsattel.

Widderalpsattel - Meglisalp - Schnrennenweg - Gross- / Kleinhütten (T2-T3)
Vom Widderalpsattel gibt es zwei Möglichkeiten, um zur Meglisalp abzusteigen: Entweder man hält sich an den ausgeschilderten Wanderweg über P. 1865 und Spitzigstein oder man folgt der in der Karte eingezeichneten, aber vor Ort nicht angeschriebenen Wegspur via Trüest. Da die Zeit schon etwas fortgeschritten ist, entscheide ich mich für die zweite direktere Variante. Anfänglich geht es durch sanft geneigte Wiesen hinab, und im flachen Teilstück verliert sich die Spur ein wenig. Bevor es wieder steiler wird, lohnt es sich nach dem Pfad Ausschau zu halten und ihm anschliessend strikt zu folgen, denn weiter unten wird ein sonst wohl kaum passierbarer Felsriegel elegant an einer Schwachstelle überwunden. Der Weg ist in recht gutem Zustand, im Sommer gibt es vielleicht ein bisschen viel Gemüse.

Ohne die Meglisalp tatsächlich zu besuchen gehe ich über P.1520 und P.1492 weiter. Bei letzterem wähle ich den Abzweiger zum Schrennenweg, der auch im Alpinwanderführer empfohlen wird. Das kostet zwar die eine oder andere kleine Gegensteigung, lohnt sich aber durchaus. Im Führer wird der Weg als bestens gesichert beschrieben. Scheinbar gibt es aber keine Sicherungen im Sinne von Drahtseilen oder ähnlichem. Howdymowdy ist die Wegführung ausgesetzt! Geradezu schwindelerregend ist der Tiefblick auf den Seealpsee. Dank gut ausgebautem Weg mit sehr schönem Trasse und vielen luxuriösen Treppenstufen geht es problemlos voran. Da ich dennoch nicht auf dem Schrennenweg in die Dunkelheit kommen möchte, erhöhe ich das Tempo etwas und gehe nur bei den exponiertesten Passagen langsamer. Die Rechnung geht gut auf. Erst kurz vor Gross Hütten wird es langsam düster.

Gross- / Klein Hütten - Wasserauen (T2)
Bei Gross Hütten nehme ich schliesslich die Stirnlampe in Betrieb. Via Klein Hütten erreiche ich bei P.1177 den bereits bekannten Weg durch das Hüttentobel. Im Schein der Stirnlampe ist der Bahnhof Wasserauen bald erreicht. Immer noch ist es erstaunlich warm.

Trotz des Windes hat sich die Marwees-Überschreitung sehr gelohnt. Glücklicherweise war der Wind retrospektiv nie so stark, dass die Begehung des Grates heikel gewesen wäre. Einzig beim Fotografieren habe ich zum Teil viel Zeit verloren, um jeweils auf Momente ohne Verwackelungsgefahr zu warten. Dafür kam ich in den Genuss vom schönen Spätnachmittagslicht. Im Alpinwanderführer Ostschweiz wird die Tour mit T3+ bewertet. Für die Schlüsselstelle ist das vielleicht etwas knapp bemessen, zumal es dort keine Sicherungen gibt. Die völlig optionalen Kraxeleinlagen auf dem Grat habe ich nicht in die Bewertung einfliessen lassen. Vermutlich wäre das ein oberes T4 oder unteres T5 mit Kraxelei I. Der gewählte Weg vom Widderalpsattel zur Meglisalp ist wohl ein anspruchsvolleres T2. Den Schrennenweg würde ich wegen dem exponierten Gelände als T3 werten, obwohl der Weg an und für sich eher einer Wanderautobahn ähnelt. Nicht ganz verständlich ist, dass der Alpinwanderweg den Marwees Hauptgipfel umgeht. Es lohnt sich auf jeden Fall diesen mitzunehmen, nur schon wegen dem Ausblick. Die Schwierigkeiten erhöhen sich dadurch nicht, und es müssen nur unwesentlich mehr Höhenmeter bewältigt werden.

Tourengänger: Chrichen


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Kommentare (2)


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boerscht hat gesagt:
Gesendet am 8. Dezember 2015 um 19:53
Hallo Chrichen,

schöner Bericht und die Fotos sind trotz wind klasse geworden.

Die Überschreitung werde ich nächstes Jahr wohl nochmal versuchen, dieses Jahr hats dank Gewitter nicht ganz geklappt.

Gruß Adrian

Chrichen hat gesagt: RE:
Gesendet am 8. Dezember 2015 um 20:17
Hoi Adrian,

Deinen Bericht habe ich bei der Vorbereitung auch gelesen. Sehr stimmungsvolle Bilder! Bei Gewitter ist so ein Grat tatsächlich nicht der beste Ort zum Verweilen... Hoffentlich klappt's beim nächsten Mal besser mit dem Wetter!


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