Baltschieder Schilthorn (3122 m) - Einsame Rundtour ab Finnu via Mälchgrat


Publiziert von marmotta , 14. Oktober 2015 um 22:56. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:10 Oktober 2015
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 1875 m
Abstieg: 1875 m
Strecke:Finnu - Chastler - Honegga - Honalpa - Äbnet (P. 2207) - P. 2290 - Schilthorn SW-Grat - Schilthorn - Schilthorn SE-Grat (P. 3024) - Schiltfurgga - Ritza - Mälchgrat (P. 2484) - Mattwald - Sättle - Chastler - Finnu
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Eggerberg, Finnen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Eggerberg, Finnen
Kartennummer:LK 1268 (Lötschental), 1288 (Raron)

Zwischen Gredetsch- und Baltschiedertal reihen sich einige aussichtsreiche Gipfel auf, von denen nur das Gärsthorn (2927 m) häufig begangen scheint. Taleinwärts dünnt die Besucherfrequenz merklich aus - das Schilthorn (3122 m) und das Strahlhorn (3200 m) tragen zwar berühmte Namen, werden aber nur selten und meist nur von Einheimischen bestiegen. Für (Tages-)Touristen aus der "Üsserschwiiz" scheinen die Zustiege zu lang und die Aufstiege teilweise zu mühsam zu sein. Zwischen Mitte Juni und Mitte Oktober eröffnet sich jedoch auch dem öV-Reisenden aus der Nordostschweiz die Möglichkeit, zumindest das Schilthorn (3122 m) als gemütliche Tagestour mit überschaubaren Aufstiegshöhenmetern anzugehen. Dann nämlich fährt die Postautolinie 523 von Visp bis hinauf ins malerisch auf einer Sonnenterrasse auf 1400 m gelegene Finnu, das Zeitfenster von 8,5 h zwischen der Ankunft des ersten bis zur Abfahrt des letzten Postautos (18.16 Uhr) ist dabei so grosszügig bemessen, dass bei guter Tagesform vielleicht sogar die anschliessende Überschreitung des Gärsthorns drinläge…   
 
Nach meinem letztjährigen Besuch des Gärsthorns reizte mich die abgelegene und einsame Fortsetzung der Bergkette nach Norden, in die ich damals aber wegen tiefhängender Wolken nur teilweise Einblick erhielt.
 
Während die Touristenmassen vom Bahnhof Visp in Richtung der diversen populären Ausflugsziele im Oberwallis strömen, fahren wir im fast leeren Postauto das enge und kurvenreiche Strässchen nach Finnu (1408 m) hinauf. Auf der Ladefläche eines vor uns herfahrenden LKWs werden gerade einige Schwarznasenschafe auf eine höhergelegene Weidefläche befördert - besonders die ganz Kleinen sind so herzig, dass ich am liebsten eines mitgenommen hätte… :-)
 
Die nächste tierische Begegnung lässt nicht lange auf sich warten: Oberhalb von Finnu würde der Wanderweg nach Kreuzung einer Fahrstrasse eigentlich direkt den Hang entlang des Finnubachs hinauf führen. Die dortige Wiese ist jedoch abgezäunt und ein paar Lamas (!) stehen direkt hinter dem Tor und beäugen uns neugierig. Um eine Konfrontation zu vermeiden, nehmen wir einen kleinen Umweg in Kauf und steigen nach einigen Metern auf der Fahrstrasse hinter der abgezäunten Weidefläche die Wiesenhänge hinauf und erreichen so problemlos wieder den Wanderweg. Ohne weitere Zwischenfälle, dafür mit gewaltigen Ausblicken über das Rhonetal zur Mischabelgruppe und auf das Weisshorn, erreichen wir nach ca. 1 h die wunderschön gelegene kleine Kapelle unter der Honegga (1930 m), wo erstmals das beeindruckende Bietschhorn ins Blickfeld rückt. Weiter auf gut angelegtem Höhenweg hoch über dem Baltschiedertal zur verlassenen Honalpa (1992 m). Hier verlassen wir das Netz der ausgeschilderten und (teilweise spärlich) markierten Wanderwege. Ein unmarkierter (aber auf der LK eingezeichneter) Pfad führt oberhalb der Alphütten unter der Nordwestflanke des Mälchgrats hindurch via Äbnet (P. 2207) zu den Schafweiden in der grasigen Südwestflanke des Schilthorns. Bei Bedarf kann hier an den zahlreichen Bachrunsen Wasser aufgefüllt werden. Wir freuen uns zudem, aus der schattigen Flanke von Mälchgrat und Gärsthorn wieder in die wärmende Herbstsonne zu treten. Doch auch ohne Sonne wäre uns beim nun folgenden Aufstieg zum SW-Grat und über diesen zur laaangen Gipfelflanke des Schilthorns warm geworden. Im oberen Teil weichen wir etwas nach Westen aus und steigen im Zick-Zack, die Wegspuren ausnutzend, zum Gipfelgrat auf und zuletzt auf diesem über einige Blöcke und Felsbänder zum kleinen Kreuz mit Gipfelbuch. Abgesehen von einem Hauch von Neuschnee, der ab einer Höhe von ca. 3000 m hier und da im Schatten einiger Felsen liegt, war der gesamte Aufstieg schneefrei - erstaunlich insofern, als südlich des Rhonetals auf gleicher Höhe alles bereits tiefverschneit ist!
 
Nach (wohlverdienter) Rast und Geniessen des fantastischen Panoramas treten wir um ca. 14.15 Uhr den Abstieg an - noch bleiben uns 4 h bis zur Abfahrt des letzten Postautos in Finnu, also halten wir an unserem ursprünglichen Plan fest, zur Schiltfurgga (2756 m) abzusteigen und von dort über das Gärsthorn nach Brischeru und zurück zum Ausgangsort zu gelangen. Ein allzu kühner Plan, wie sich alsbald herausstellen sollte: Zunächst läuft alles planmässig, über den kurzen Südgrat erreichen wir schnell die Verzweigung, an welcher der Südostgrat in schuttdurchsetzten Platten abknickt. Hier verzetteln wir uns allerdings etwas, die eine oder andere Stelle verlangt schon etwas Vorsicht und den Einsatz der Hände (T4-T5, je nach Routenwahl), so dass wir nicht mehr ganz so zügig vorankommen. Das Gelände ist hier zwar weder schwierig noch besonders exponiert, doch erfordern die etwas ungünstig geschichteten Platten eine überlegte Routenwahl und konzentriertes, trittsicheres Gehen. Den gewaltigen Gendarmen umgehen wir südseitig in grobem Schutt und Geröll. Wer -wie ich- öfters im Taminagebirge oder in den Glarner Alpen unterwegs ist, wird sich hier bestimmt wohl fühlen…;-)
 
Zum Schluss bricht der SE-Grat in einer steilen Felsstufe zur Schiltfurgga (2756 m) ab, die gut gestufte Felsstufe entpuppt sich glücklicherweise als unproblematisch (T4). Etwas überrascht erblicken wir in dem breiten Sattel neben einem Wegkreuz auch Wegmarkierungen (auf Felsen aufgemalte rote Striche und Pfeile). Gibt es da etwa einen Übergang zwischen Baltschieder- und Gredetschtal?
 
Beim Blick auf die Uhr müssen wir feststellen, dass die Begehung des Gärsthorn-Nordgrats mit Überschreitung der beiden Gipfel und dem Abstieg nach Finnu unseren zeitlichen Rahmen derart ausreizen würde, dass wir uns weder längere Pausen noch Verhauer oder sonstige Verzögerungen erlauben dürften. Die Schneereste im obersten Gratabschnitt unter dem Nordgipfel des Gärsthorns und allenfalls durch Reif und überfrorene Nässe rutschige Felsen könnten da schnell einmal den Zeitplan ins Wanken und uns in Bedrängnis bringen! Um uns die Sache wenigstens einmal aus der Nähe anzusehen, steigen wir noch über Geröll, Blockwerk und einen Felsgürtel auf das markante breite Band, von dem sich der eigentliche Felsgrat in einer ersten, steilen Stufe erhebt (auf diesem Foto gut zu erkennen). Nach Hin- und Herüberlegen und kurzer Diskussion entscheiden wir hier, die Aktion abzublasen und zunächst auf dem Band entlang der Nordwestabstürze des Gärsthorns abzusteigen. Vom Schilthorn aus hatten wir gesehen, dass etwas weiter unten ein schmales Wegband die abschüssige Flanke der Ritza einigermassen höhehaltend zum Mälchgrat hinüber quert. So müssten wir nicht wieder auf dem Aufstiegsweg via Honalpa absteigen und könnten auf elegante Weise noch das schöne Aussichtsplateau des Mälchgrats "mitnehmen"!
 
Tatsächlich treffen wir bald auf einen guten Alpweg (einzelne rote Markierungsstriche, vermutlich handelt es sich hier um einen Verbindungsweg von der Alp Äbnet zur Schiltfurgga), von dem auf einer Höhe von knapp 2500 m eine schwach ausgeprägte Pfadspur (auf der LK nicht eingezeichnet) in den Hang hinein führt und ihn mit einigem Auf und Ab -Felsbänder geschickt umgehend- traversiert (T3+, einige ausgesetzte Stellen). Dieser Pfad, der vermutlich einst ebenfalls für Zwecke der Alpwirtschaft angelegt worden war, führt uns bequem auf die Kammhöhe des Mälchgrats, den wir knapp unterhalb von P. 2484 erreichen. Auf diesem herrlich gelegenen Grasplateau geniessen wir bei einer längeren Rast noch einmal die Aussicht auf die Eisriesen jenseits des dunstigen Rhonetals - in der warmen Herbstsonne hätte ich hier ewig verweilen können!
 
Vom Mälchgrat dann auf gutem Wanderweg gemütlich in 1,5 h via Mattwald und Chastler hinunter nach Finnu, wo bis zur Abfahrt des Postautos noch genügend Zeit bleibt, die schönen alten Häuser anzuschauen.
 
Zufrieden lassen wir uns in der untergehenden Sonne im Postauto nach Visp hinunterkutschieren, um von dort die lange Zugfahrt zurück in die Heimat anzutreten.

Tourengänger: marmotta, Becks


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Kommentare (4)


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MaeNi hat gesagt:
Gesendet am 15. Oktober 2015 um 12:45
Doch noch nicht im Winterschlaf ;-)

LG
Nicole und Marcel

countryboy hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Oktober 2015 um 22:53
Er ist ein antizyklisches Murmeltier: er war im Sommerschlaf! ;-)

marmotta hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Oktober 2015 um 07:13
Nein, Herbstschläfer! Drum hab ich jetzt -in der Zwischensaison- wieder Zeit, Berichte zu schreiben! :-)

MaeNi hat gesagt: RE:
Gesendet am 16. Oktober 2015 um 12:40
:-))


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