Von der Jöchelspitze zur Ramstallspitze


Publiziert von quacamozza , 15. Oktober 2015 um 09:34. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:21 September 2015
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1340 m
Abstieg: 1890 m
Strecke:Bergstation Jöchelspitzbahn-Lachenkopf-Jöchelspitze-Rothornspitze-Strahlkopf-Ramstallspitze-Karjoch-Nordeck-Jöchelspitze-Bergstation-Talstation Jöchelspitzbahn (15,5 km)
Kartennummer:"die amtliche" Umgebungskarte UK 50-47 1:50 000 Allgäuer Alpen

Die Ramstallspitze erlebt nach Aufstellen des neuen Gipfelkreuzes einen richtiggehenden Boom und wird häufiger besucht als vorher. Das "unbekannt" aus dem mabon-Bericht darf man also mittlerweile streichen. So gibt es folgerichtig aus dem Jahr 2015 auch schon mehrere hikr-Besuche. Ein schöner Berg, da ist man sich einig. Wenn doch bloß die endlosen und zumeist fruchtlosen Diskussionen über die korrekte Schwierigkeitsbewertung nicht wären...

Ein Blick ins Gipfelbuch verrät: Der unheimlich brüchige und anspruchsvolle Nordgrat bzw. die Überschreitung werden hin und wieder durchgeführt. Bisher sind wir davon ausgegangen, dass fast alle Besteigungen über den recht einfachen Normalweg erfolgen.

Wir wählen heute den Zugang über den Grat von der Jöchelspitze aus dem Lechtal. Der ist dabei aus mehreren Gründen interessant. Da wäre zunächst einmal der Übergang vom (Steil-)Gras zum Gestein des Hauptdolomits zu erwähnen. So findet man im unteren Teil der vom Karjoch zum Nordeck hinaufziehenden Rinne noch Hauptdolomit vor (hier erstaunlicherweise mit guter Felsqualität), während der obere, schrofige Teil aus Fleckenmergel besteht. An der Ramstallspitze ist es genau umgekehrt. Das grasige Zustiegsgelände wird abrupt von Hauptdolomit abgelöst.

Auch landschaftlich ist die Überschreitung eine sehr lohnende Tour. Man genießt stets schöne Blicke auf die Riesen der Hornbachkette, den Hauptkamm und die vielen Gipfel jenseits des Lechtals.
Alpinistisch wird von leichter Wanderung über weglose Abschnitte bis zu Steilgras und leichter Kletterei alles geboten, was das gemäßigte Bergsteigen ausmacht.



Zur Schwierigkeit:

Jöchelspitze: T 3
Rothornspitze vom Rothornjoch: T 4
Rothornspitze-Strahlkopf: T 4
Strahlkopf-Karjoch: T 4-
Karjoch-Ramstallspitze und zurück: T 5- und I
Karjoch-Nordeck: T 5 (Rinnenausstieg) und II
Nordeck-Jöchelspitze: T 3-4


Zum Zeitbedarf:

Bergstation Jöchelspitzbahn-Lachenkopf-Jöchelspitze: 55 min
Jöchelspitze-Rothornspitze: 35 min
Rothornspitze-Strahlkopf: 30 min
Strahlkopf-Karjoch: 30-35 min
Karjoch-Ramstallspitze: 30-35 min
Ramstallspitze-Karjoch-Nordeck: 40 min
Nordeck-Jöchelspitze: 40 min
Jöchelspitze-Bergstation Jöchelspitzbahn: 30 min
Bergstation-Talstation: 30-35 min



Von der Bergstation der Jöchelspitzbahn (1755m) schräg aufwärts (am Wegrand Tafeln mit Informationen zur Tier- und Pflanzenwelt) auf einen Geländeabsatz. Kurzer Abstecher von zwei Minuten zum Kreuz des Lachenkopfs (1903m) auf dem Vorsprung. 

Weiter auf bequemem Weg hinauf zum Bergheumuseum (1945m), eine kleine Holzhütte, die im Inneren als Schauraum in Sachen früheres bäuerliches Leben und Alpwirtschaft gestaltet ist. 
Zeitweise steil und von den vorherigen Schneefällen noch glitschig führt der Wanderweg zu den Sitzbänkchen auf der Jöchelspitze (2226m). Der Gipfel besteht aus zwei Graskuppen, von denen die nördliche die höhere ist. Trotzdem legen wir zuerst mal in der "handyfreien Zone" (wurde so von einem Wanderer ausgerufen) mit Umzäunung eine Rast ein. 

Ab hier wird die Touristenzone verlassen, so dass man sich auf Ruhe und Entspannung freuen darf. Von den Aussichtsbänken kann man direkt am Nordgrat oberhalb des Wanderwegs absteigen (T 4 und I). Nach dem Überschreiten der höheren Kuppe folgt der kurze und unschwierige Abstieg ins Rothornjoch (2158m), von dem es weglos über steiles Gras direkt zum kleinen GK der Rothornspitze (2393m) geht. Der Gipfel bietet eine hervorragende Rundumsicht. Da lohnt es sich, etwas zu verweilen, vor allem, weil sich der *strenge Schafgeruch vom August mittlerweile verflüchtigt hat.

Der Abstieg über den Nordgrat ist dann weniger anspruchsvoll als gedacht. Trittsicherheit ist im Mergelgelände obligatorisch, Klettereinlagen gibt es aber so gut wie keine. Im Gumpensattel (2262m) entscheiden wir uns statt für den direkten Aufstieg am Grat für die Querung auf dem zeitweise drahtseilgesicherten, rot markierten Wanderweg, den wir unterhalb des Strahlkopfs (2388m) verlassen. Auf Wegspuren geht es hinauf auf das Plateau zwischen Strahlkopf und Nordeck und unschwierig zum GK. Die Gipfelbuchkassette ist leer. Die Ausblicke sind ebenso schön wie vorher von der Rothornspitze.

Nun wandern wir auf dem Plateau hinüber zum Nordeck (2361m), ein wohltuender und einsamer Höhenbummel. Wir schauen uns die nordwärts hinab führende Rinne von oben an. Zur jetzigen Tageszeit ist alles noch feucht. Deshalb heben wir uns diese Passage für den Rückweg auf und verlassen das Plateau etwas mühsam durch Steilgras und später Geröll unterhalb der südseitigen Abbrüche des Nordecks, die wir tief unten umgehen.
Wir zielen auf den Wanderweg und müssen uns auf diesem die verlorenen Höhenmeter (ca. 120hm) bis zum Karjoch (2290m) wieder hoch arbeiten. Die häufig angegebene Höhe von 2305m, die auch vor Ort auf dem Hinweisschild steht, ist übrigens falsch. Im AVF ist die richtige Höhe genannt.


Über problemlose Grashänge geht es Richtung Ramstallspitze, bis wir auf die ersten Hauptdolomitfelsen treffen. Die Route ist trotz des recht unübersichtlichen Geländes nicht zu verfehlen. Häufig sehen wir Steinmännchen. Können wir im unteren Teil der Flanke noch über die eine oder andere Rippe klettern und die Steinschlaggefahr in Grenzen halten, so müssen wir weiter oben über feines Geröll, das teils auf schrägen Platten liegt, höher steigen. Ein kurzer Abschnitt ist dabei im Abstieg anspruchsvoller zu gehen als im Aufstieg.
Es dauert allerdings nicht lange bis zum Erreichen der Grathöhe. Auf dieser geht es recht gemütlich hinüber. Einzelne Kletterstellen übersteigen den I.Grad nicht. Der brüchige Hauptdolomit erfordert einige Vorsicht, ist aber bei weitem nicht so anspruchsvoll und gefährlich wie etwa an der Hochgundspitze. So ist die kurzweilige Kraxelei auch bald beendet, und wir können uns auf dem Gipfel der Ramstallspitze (2533m) ins GB eintragen. Die Aussicht sucht ihresgleichen. Eine tolle Loge im Banne der höchsten Allgäuer Spitzen.


Nach Rückkehr ins Karjoch steht der kurze, aber technisch anspruchsvollste Teil der Tour an. Wir queren hinüber zur Nordrinne. Die erste Felsstufe ist die schwerste (II oder II-III, je nach Weglinie), dann wird der Fels brüchig und zunehmend schrofig. Der Ausstieg erfolgt dann rechts der Rinne über steiles Gras oder bei trockenen Verhältnissen auch direkt aus der Rinne. So landen wir wieder auf dem Nordeck (2361m).

Vom Gipfel weglos schräg nach Südosten hinunter. Den ersten Weg überqueren wir, um zum darunter liegenden Weg, einer Variante des E 5, abzusteigen. Auf diesem geht es dann in einfacher Wanderung unter dem Gumpensattel hinüber ins Rothornjoch, wo sich unsere Runde schließt. Die Jöchelspitze haben wir nach Betriebsschluss des Sesselliftes ganz für uns allein. Ein Geschenk, wenn man bedenkt, dass heute Vormittag noch reger Zivilisationsbetrieb herrschte. Hier muss in den Ferienzeiten der Teufel los sein.

Durch die mittlerweile gut abgetrocknete Südseite verläuft unser Abstiegsweg. Gute 300 Höhenmeter geht es ziemlich steil bergab, bis uns an einem Alphüttchen der Wanderweg von Holzgau zur Sonnalm aufnimmt. Auf diesem sind wir in einer Viertelstunde zurück an der Bergstation der Jöchelspitzbahn (1755m).

Geschotterte Fahrwege und Skipisten sind natürlich nicht das Highlight einer Bergtour. Wir müssen sie heute als Abschluss unserer Tour ausnahmsweise in Anspruch nehmen. Zwischendurch lässt der Ausblick zur Pfeilspitze auf einem der vielen Sitzbänke die Knieschmerzen fast vergessen. 






 

Tourengänger: quacamozza, yuki


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Kommentare (2)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 15. Oktober 2015 um 10:04
Servus Ulf,

nette Runde habt ihr da gemacht! Ich persönlich empfand allerdings den Nordgrat der Rothornspitze deutlich anspruchsvoller als den Anstieg vom Rothornjoch. Meine Meinung. Ersterer war vergleichsweise schon ne Nummer schärfer und abschüssiger.

VG Nico

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. Oktober 2015 um 14:48
Hallo Nico,

soweit ich die bisherigen Berichte kenne, wird die Rothornspitze auf beiden Seiten innerhalb des T 4-Rahmens bewertet, mit marginalen Unterschieden.
Je nach Verhältnissen, Wegrichtung und persönlichen Vorlieben (Steilgras, Mergelschutt) wird dann mal ein Plus, mal ein Minus drangehängt.
Wir empfanden, dass sich die Anforderungen in etwa die Waage halten.

Gruß zurück
Ulf


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