Unfallrisiko Vogelschaupläne der Seilbahnen


Publiziert von Kik, 4. September 2011 um 14:27. Diese Seite wurde 877 mal angezeigt.

Habe gestern nun zum 3. Mal diesen Sommer Wandernde getroffen, die sich dank solchen Selbahnplänchen in Gebiete verirrt haben, in die sie sich sonst nicht gewagt hätten.
Fall1: Am 17. April rieten wir einem Niederländer auf dem Hirzli, der einen andern Abstieg zum Seilbähnli nach Niederurnen suchte,  dringend ab, den noch mit Schnee bedeckten Wanderweg zum Planggenstock zu folgen. Er trug halbhohe dünne Wildlederschuhe mit Käsgummisohlen. Er hatte einen Fotoplan mit eingezeichneten Routen der Seilbahnunternehmung, vermochte die darauf eingezeichneten Wege aber nicht den gelben Wegweisern zuzuordnen.
Fall 2: Am 13. August traf ich auf dem Nordanstieg zum Piz Danis ein deutsches Ehepaar im Abstieg, das angesichts der kurzen ausgesetzten Stelle nicht mehr dem rotweissen Wanderweg folgen wollte. Es war bereits durch den über Erwarten  steilen Anstieg über den Südgrat zermürbt und wollte auf keinen Fall zurück.   Sie waren mit der Seilbahn auf den P. Scalottas gefahren und hatten einen Fotoplan bei sich, wo der Wanderweg über die Krete schwarz eingezeichnet war. Sie betrachteten sich als erfahrene Wanderer.  Sie entschlossen sich, nach Osten in den steilen Wiesenhang abzusteigen,  folgten dann der ebenfalls steilen grasige Ostrippe. Im Abstieg über den Südgrat des P.Danis traf ich eine grössere deutsche Gruppe, die bereits bei den ersten Felsstufen Schwierigkeiten hatte, ein Teil entschloss sich zur Umkehr.
Fall 3: Gestern traf ich auf dem Schibenstoll 3 jüngere Frauen, deren erste mich fragte, wo dann jetzt die Seilbahn sei. Ich sagte, die sei erst auf einem Gipfel weiter östlich. Darauf meinte die zweite, ja auf dem Plan stehe ja, dass man vom ersten Gipfel auf den 2. hinüber müsse. Es dauerte ein paar Minuten, und brauchte erst eine gemeinsame Inspektion des oben noch nicht so steilen, grasigen Abhangs nach Osten, bis ich sie überzeugen konnte, dass der einfachste Rückweg wieder derselbe sei, den sie hinaufgekommen  waren. Da meinten sie, wenn sie das gewusst hätten, wären sie früher  umgekehrt, bereits der Aufstieg sei an der Grenze gewesen. Sie stiegen dann trotz Zeitdruck vernünftigerweise bewusst langsam ab, (ich meiner Knie wegen ebenfalls), und konsultierten unten bei  einer Abzweigung wieder ihre "Karte", einen Fotoplan der Iltios-Seilbahnen.
Gelegenheitswandernde werden durch solche Plänchen in Gebiete gelockt, denen sie nicht gewachsen sind. Es wäre besser, wenn Seilbahnunternehmungen nur noch T1 und T2 Wanderwege auf ihre Pläne zeichnen würden. Für T3 genügen Vogelschaupläne nicht. Kennt jemand einen geeigneten Ansprechpartner?



Kommentare (14)


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Alpin_Rise hat gesagt: Schuld sind nicht die Karten
Gesendet am 4. September 2011 um 16:56
> dank solchen Selbahnplänchen in Gebiete verirrt haben

Die meisten BerggängerInnen verirren sich dank dem eigenen Unvermögen - in diesem Fall die Unvernunft, sich keine anständige Karte/Führer zu besorgen, wo die Wege eindeutig eingezeichnet sind um die Tour anständig zu planen.

Die Übersichtskarten, teils schlechter Qualität und die Wege unpräzise eingezeichnet, sind aber sicher nicht schuld, wenn jemand irrtümlich auf dem markierten, angeschriebenen Wanderweg auf den Schibenstoll anstatt Hinterrugg ankommt. Da hilft auch keine noch so gute Übersichtskarte!

Ich war im Ausland auch schon mit solchem "Kartenmaterial" unterwegs und hab mich im Gelände verfranst, da kann man noch so viel Erfahrung haben; ohne Ortskenntnisse mit ungenügenden Karten wirds ungemütlich!

Du kannst dich höchstens an die lokalen Tourismusbüros wenden, die werden dir erklären, dass die Karten nur der Übersicht dienen - und dann vielleicht wie in letzter Zeit in Mode überall Warnhinweise draufdrucken... sinnvoll wäre sicher eine Korrektur von groben Schnitzern, wenn dir welche auffallen.

G, Rise

PS: die Diskussion wäre in der Sicherheitscommunity besser aufgehoben.

xaendi hat gesagt:
Gesendet am 4. September 2011 um 18:52
> Sie betrachteten sich als erfahrene Wanderer.

Jeder, der sich als erfahrenen Wanderer bezeichnet, sollte auch mit adäquatem Kartenmaterial unterwegs sein.

Was Seilbahnunternehmen vielleicht besser machen könnten: Zum Ticket gleich noch eine entsprechende Wanderkarte verkaufen.

Oftmals ist es aber auch Selbstüberschätzung (ich habe ja Augen, hier brauche ich keine Karte), die Leute in Situationen wie die von dir beschriebenen bringen. Ist mir auch schon einige Male passiert - da war ich einfach zu faul, die Karte aus dem Rucksack zu kramen und bin dann falsch gelaufen.

xaendi

Henrik hat gesagt: ..Grotesk finde ich jeweilen
Gesendet am 4. September 2011 um 23:14
wenn, was immer wieder mal passiert...dass Wanderer mit Kartenmassstäben unterwegs sind, die weit über den 1 : 100 000 hinausreichen...vor drei Jahren traf ich welche aus den USA, die hatten eine Millionenkarte bei sich und begaben sich gerade über die Wasserfallen (BL/SO)....

kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 4. September 2011 um 20:08
Was nützten auch Top-Wanderkarten, wenn der Berggänger nicht Karten lesen kann?

Könnte ein Berggänger nämlich Karten lesen, würde er sich NIE auf solchen Ramsch wie Panorama-Karten verlassen. Es erschreckt mich immer wieder, wie wenige Berggänger wirklich gut Karten lesen können.

Anscheinend verlassen sich sehr viele Bergwanderer einfach darauf, dass der Weg markiert oder dann gut ausgetreten ist und im Zweifelsfall kann man ja auch noch jemanden fragen.

Manchmal beschleicht mich auch der Eindruck, dass für viele Bergwanderer kontinuierliches Kartenlesen nur etwas für "Schwächlinge" ist und wirkliche echte "Bergler" sich auch ohne solchen Schnickschnack zurecht finden. So verbleibt diese dann auch meist im Rucksack, bis man auf der Hütte ist ... oder sich schon verlaufen hat!

***

@kik

NB:

Die von dir kritisierten Seilbahnpläne sind keine "Vogelschau-" sondern "Ansichts-" oder "Panorama-"Karten/Pläne. Denn sie stellen die Landschaft eben gerade nicht aus der Perspektive des Vogels dar, sonder so, wie man sich ein Foto ansieht.

Vogelschaukarten/pläne hingegen stellen die Dinge aus dem Vogelflug von oben dar. So wie sie z.B. auf den topographischen Landeskarten dargestellt werden.

dani

Kik hat gesagt: Panoramaansichten
Gesendet am 4. September 2011 um 22:30
Du hast recht, es sind eher Ansichtspläne. Ein Problem ist ja auch die besonderes an den Rändern verzerrte Ansicht bei der Übertragung ins Gelände.
Ein anderes Problem ist, dass es eben gerade nicht gewohnte Wanderer sind, die die Landeskarten kennen, sondern Leute, die sich hochfahren lassen, diese Prospekte sehen und denken, dass sie jetzt auch einmal wandern möchten.
(Und das "erfahrene" deutsche Ehepaar wanderte halt üblicherweise in der Eifel).
Kik

ABoehlen hat gesagt: RE:Panoramaansichten
Gesendet am 5. September 2011 um 07:57
> Die von dir kritisierten Seilbahnpläne sind keine "Vogelschau-" sondern "Ansichts-" oder "Panorama-"Karten/Pläne. Denn sie stellen die Landschaft eben gerade nicht aus der Perspektive des Vogels dar, sonder so, wie man sich ein Foto ansieht.

> Vogelschaukarten/pläne hingegen stellen die Dinge aus dem Vogelflug von oben dar. So wie sie z.B. auf den topographischen Landeskarten dargestellt werden.

Als Topograf kann ich dieser Aussage nicht zustimmen. Pläne dieser Art, die in der Regel eine mehr oder weniger verzerrte Ansicht des Geländes wiedergeben, bezeichnen wir in unserer Terminologie als Vogelschau- und nicht als Panoramakarten. Sie basieren zumeist auf einer Parallelprojektion, werden aber praktisch in jedem Fall nachträglich so "zurechtgebogen", damit alles was im gewünschten Gebiet abgebildet werden sollte, auf dem vorhandenen Bildausschnitt Platz hat. Die Geometrie ist ja bei dieser Art "Karte" nur sekundär. In jedem Fall jedoch blickt der Beobachtet in solch einer Abbildung schräg auf die Erdoberfläche. Die Vogelschaukarte kann daher schon aus diesem Grund nicht mit einer topografischen Landeskarte verglichen werden. Dazu kommt, dass die topografische Landeskarte nicht auf einer Parallelprojektion (würde in diesem Zusammenhang als orthografische Projektion bezeichnet) beruht, sondern auf einer Zylinderprojektion mit dem Projektionszentrum im Mittelpunkt der Erde, damit die Abbildung "winkeltreu" herauskommt. Eine Parallelprojektion kann dagegen logischerweise gar kein Projektionszentrum haben!

Ganz ähnlich wie bei der Karte verhält es sich mit einem Panorama. Auch diesem liegt in der Regel eine genau parametrisierte Zylinderprojektion zugrunde, wobei sich das Projektionszentrum (d.h. der Beobachter) in der Mitte des Zylinders befindet. Die genauen Sachverhalte sind in dieser Publikation erläutert, wobei folgende Aussage in Zusammenhang mit der Geometrie besonders wichtig ist:

"Aus dem oben Gesagten geht hervor, dass digitale Panoramen Darstellungen digitaler Landschaftsmodelle nach geometrisch klar definierten Abbildungsgesetzen sind. Die Lage jedes Bildelementes lässt sich exakt nach mathematischen Formeln berechnen".

Dies ist auch der Grund, warum swisstopo ausschliesslich Panoramen anbietet und keine Vogelschaukarten, denn unser Amt ist der Geometrie und Präzision verpflichtet!

LG Adrian

kopfsalat hat gesagt: 'tschuldigung
Gesendet am 5. September 2011 um 08:48
Adrian hat natürlich vollkommen recht.

Ich bin da wohl einem sprachlichen Irrtum aufgesessen und habe in unzulässiger Weise von der Vogelperspektive auf die Vogelschau geschlossen.

Sorry

Dani

NB: wobei natürlich auch die topographischen Landeskarten "zurechtgebogen" sind ... ;-)

ABoehlen hat gesagt: RE:'tschuldigung
Gesendet am 5. September 2011 um 09:44
"zurechtgebogen" würde ich in diesem Zusammenhang nicht sagen, denn dieses Wort impliziert eine willkürliche "Bastelei", mit dem Ziel, dass das Ergebnis so herauskommt, wie man es gerne hätte. Eine Kartenprojektion macht hingegen etwas anderes. Da der Vorgang mathematisch genau definiert ist, kann man mit dem Ergebnis anschliessend in jedem Fall präzise arbeiten. Daher ermöglicht ein GIS z.B. eine genaue Entfernungsmessung, trotz verzerrter Abbildung.

Eine Projektion erzeugt immer eine Verzerrung, da damit ja etwas höherdimensionales in niedrigeren Dimensionen abgebildet wird (z.B. die Erde oder ein Teil davon (3D) auf einem Blatt Papier (2D)). Die Herausforderung besteht nun darin, die Projektion so zu wählen, dass die Verzerrungen möglichst gering sind und nicht störend auffallen!

Meeraal hat gesagt:
Gesendet am 4. September 2011 um 22:57
Wer ohne zuverlässige Karte in unbekanntem Gelände unterwegs ist, handelt meiner Meinung fast genauso fahrlässig wie derjenige, der unangeseilt über einen schneebedeckten, spaltenreichen Gletscher geht. Das Hauptproblem dürfte jedoch, wie hier schon angesprochen, sein, dass viele Leute nicht in der Lage sind, das was auf der Karte eingezeichnet ist in die Realität der Landschaft umzusetzen, sprich, viele Leute können mit der Karte nichts oder nicht viel anfangen, also eben die Karte nicht lesen. Vor langer Zeit habe ich bei den Pfadfindern mal erlebt, wie einer auf einer Karte etwas gesucht und gesucht hat und nicht finden konnte, bis ich ihm eine Kopfnuss verpasst habe, damit er endlich merkt, dass er die Karte verkehrt herum hält. Hätte ich zwar nicht dürfen, aber da konnte ich einfach nicht mehr anders. Hat sich hinterher aber auch keiner darüber beschwert.
Kurz gesagt, mit den Karten ist es genauso wie mit Pickel, Steigeisen, Seil und dergleichen mehr auch, es reicht nicht sie zu besitzen, sondern man muss auch damit umgehen können. Wer das nicht kann, sollte einen Kurs im Umgang mit Karte, Kompass und GPS machen und dann mit vernünftigem Material losgehen. Wanderer sollten sich außerdem den Rückweg merken, sich markante Stellen einprägen, alle diejenigen, die in weglosem Gelände unterwegs sind, sollten außerdem Vorsorge gegen Nebel, Schneefall, und White Out treffen, wozu zusätzlich zur Karte auch Kompass, GPS und Höhenmesser erforderlich sein können.
Einmal ist es mir aber auch passiert, dass ich zu faul war, die Karte aus dem Rucksack zu holen und zu schauen. Die Quittung dafür habe ich umgehend bekommen: Ich musste daraufhin 5 Kilometer durch unwegsames Gelände, das mit Büschen, Dornen, Spinnweben und dergleichen mehr durchsetzt war absteigen und das noch an dem Tag als in dieser Gegend die Hasenjagd eröffnet wurde. Durchaus nicht ungefährlich. Um solches zu vermeiden gibt es Trekkinghosen mit Seitentaschen, in die die Karte, -verpackt in eine Schutzhülle aus Kunststoff,- reinpasst und so immer griffbereit ist. Ein Blick auf die Karte, so man in der Lage ist, sie zu lesen, dauert maximal zwei bis fünf Minuten, die sich wirklich lohnen.

Michael

lemon hat gesagt: und..
Gesendet am 5. September 2011 um 06:28
...wenn die Karte aussen am Rucksack (oder in der Hosentasche) ist, schaut man viel häufiger drauf. Dadurch bekommt man auch viel mehr Übung im Karten lesen! So habe ich vor 3-4 Jahren noch ewig gebraucht um die Position auf der Karte zu finden, mittlerweile reicht (meist) ein kurzer Blick.

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 5. September 2011 um 09:42
Hallo Kik,

Deine Beobachtungen kommen mir vor wie Leute welche beim Autofahren stur dem "Tomtom" nachfahren und danach irgendwo im Wald auf abwege gelangen und nicht mehr zurück kommen. Das passiert jährlich einige Mal Deutschen Touristen in der Schweiz im Winter.

Auch in meinem persönlichen Umfeld kenne ich das Problem mit dem Verirren. Zwei meiner leider längst gestorbenen Tanten konnten keine Karte lesen und sie gingen regelmässig um Zermatt wandern. Sie gingen immer schön den Wegweiser und Markierungen nach und dennoch verirrten sie sich einige Male da sie eine falsche Abzweigung nahmen. Zum Glück ist nie etwas schlimmeres passiert ausser dass sie ein Mal bei Nacht (Vollmond?) absteigen mussten.

Meiner Meinung nach sollte man auf den Prospekten deutlich schreiben dass dies nur ein Übersichtsplan ist und es zum Wandern eine Karte dazu braucht. Zudem sollte halt schon in der Schule gutes Kartenlesen gelernt werden. So ganz nach dem Motto "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr!"

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. September 2011 um 18:31
Hallo Sputnik, natürlich gebe ich dir Recht. Aber das passiert ganz sicher nicht nur Touristen aus Deutschland - auch ein Schweizer oder jemand was weiß ich für einer Nationalität kann sich auf diese Weise verirren... wenn er sich nur dumm genug anstellt. Und das ist keine Frage der Nationalität.

roger_h hat gesagt:
Gesendet am 5. September 2011 um 20:12
Wenn ich in letzter Zeit die Diskussionen bezüglich Verantwortlichkeiten von Berichtschreibern und Seilbahnen für unerfahrene Berggänger und dass sich diese in Gefahr begeben sehe, kommt mir immer mein Lieblings-Kabarettist in den Sinn, den ich hier gerne zitieren möchte:
"Die Menschheit rast mit riesiger Geschwindigkeit auf einen Abgrund zu. Dieser Abgrund sieht in etwa so aus, wie die Gesellschaft der Vereinigten Staaten von Amerika"

K_Mar hat gesagt:
Gesendet am 6. September 2011 um 20:45
Wenn ein Seilbahnbetreiber und auch Fremdenverkehrverbände derartiges Material verteilen, denn gerade diese Material landet meist in den Händen von ungeübten. Seilbahnen bringen gerade Personen in Regionen, in die diese normal nicht gelagen würden. Deshalb gehören T3 und schwerer nicht auf solches Infomaterial anderenfalls handelt der Ersteller grob fahrlässig. Ein Teil der anfangs beschriebenen Geländeabschnitte hört sich sogar eher nach T3+ oder sogar T4 an.


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