Frau vermisst am Üetliberg


Publiziert von Sputnik, 23. November 2018 um 10:23. Diese Seite wurde 2188 mal angezeigt.

Vermisstenmeldung 23.11.2018: Üetliberg



Kommentare (12)


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bergstrolk hat gesagt: Ich überleg eben grad....
Gesendet am 23. November 2018 um 13:50
In den meisten Gebieten der Schweiz kennen wir Hikr das Gelände und jeden Pfad, jeden Wildwechsel oft besser als selbst erfahrene Einheimische (abgesehen von den Jägern). Jeder der T4-T6-Cracks hat doch seine Regionen, wo er diese Erfahrungen macht. Ich selbst lege beispielsweise immer wieder in Eigenregie Routen frei und verfolge Projekte und Linien über Bänder und Grate, die manchmal sogar noch Spuren von früher erkennen lassen, aber noch nicht mal hier beschrieben sind. Zum Teil find ich sie persönlich, manchmal aber auch über Zufallskontakte zu älteren Alpinisten, die davon erzählen, da "vor Jahrzehnten mal mit jemand mitgegangen zu sein".

Worauf ich hinaus will: Wir hätten vielleicht in unserem kollektiven Wissen bei Vermisstenfällen Ideen und Suchansätze, über welche die professionellen, vor allem taktisch vorgehenden Rettungskräfte schlichtweg gar nicht verfügen können. So etwa verkündet die Gedenktafel vom an Neujahr 1985 abgestürzten Chastelensepp an der Heitertannlitraverse am Pilatus, dass seine Ueberreste Ende Mai schliesslich von seinem Bergkameraden gefunden wurden. Er wusste wohl als einziger, wo er dort eben auch noch durchgegangen sein könnte.

Die Hemmschwelle, in einer unklaren Situation offizielle, behördliche Rettungskräfte vorsorglich zu alarmieren, ist (nicht ganz zu unrecht) sehr gross. Man will ja schliesslich keine unnötigen Kosten verusrsachen oder als Hysteriker belächelt werden. Dies war offenbar auch hier am Uetliberg der Fall. Von 13 - 19 Uhr (!!!) suchte die gem. Berichten wohl eher betagte Wandergruppe selbständig nach der Vermissten, ehe sie sich zur Alarmierung durchrangen.
Mal angenommen, es gäbe ein niederschwelliges ziviles Angebot motivierter unabhängiger Alpinisten, die sowieso gerne draussen unterwegs sind, das Gelände bestens kennen und keine Kosten verrechnen oder danach leise Vorhaltungen wegen "unnötiger Umtriebe" anbringen, könnte so nicht in manchen Fällen bereits viel früher mit "Search and Rescue"-Aktivitäten eingesetzt werden? Denn es ist nicht der erste Artikel, wo mir auffällt, wie erschreckend viel Zeit zwischen Verschwinden der Person und ersten Suchbemühungen liegen!

Ich selbst wäre gerne bereit, an freien Tagen alles stehen und liegen zu lassen und einer solchen Alarmierung absolut erste Priorität einzuräumen. Aber dazu müsste wohl eine Art Plattform eingerichtet werden, deren Teilnehmer z.B. bei Verfügbarkeit die Nachrichtenfunktion einfach auf "on" stellen und somit automatisch mitbekommen, wenn jemand einen Hilferuf einstellt. Das Motto müsste dann in etwa lauten: "Ob in eigener Sache oder für den Mitmenschen unterwegs: Hauptsache outdoor - zögern Sie bei Unklarheit nicht, lieber zu früh als zu spät zu reagieren und uns in Ihre Sorgen miteinzubeziehen!"

Ich selbst bin in Sachen Computer etc. noch sehr unbedarft, kann das drum nicht einfach so spontan initiieren. Ich gehöre aber gerade noch zu den Babyboomern. Das heisst, in 15 Jahren werd ich vielleicht zu einer grossen Rentnerherde gehören, die wohl noch so fit und lernbegierig ist wie keine Generation davor. Spätestens dann möcht ich der Allgemeinheit gerne auch etwas zurückgeben, nicht nur als passiver "Pensionsempfänger" auftreten, und die ehedem in Job und andere Verpflichtungen gesteckte Energie in solche Ideen umlenken. Aber vielleicht finden sich ja in der Community bereits jetzt Leute, die sich auch schon solche Gedanken gemacht haben und das gemeinsam bereits jetzt anreissen wollen? Ich wär jedenfalls gerne dabei!

Sputnik Pro hat gesagt: Sehr interessanter Gedankenansatz
Gesendet am 23. November 2018 um 14:33
Hallo Bergstrolk,

Danke für den Kommentar. Die Idee von der freiwilligen Suche in freier Natur nach einer vermissten Person, sobald ein Suchnotruf eingeht, finde ich wirklich ein praxisorientiertes Handeln. Ich wäre sicher auch dabei in meiner Region Oberbaselbiet.. Man könnte sogar noch weiter gehen: Und zwar so wie wenn es einen Einsatz bei der Feuerwehr, Militärdienst oder dem Zivilschutz ist, nähmlich dass man auch während der Arbeitszeit gehen kann (muss).

bergstrolk hat gesagt: RE:Sehr interessanter Gedankenansatz
Gesendet am 23. November 2018 um 19:28
Nun ja, da wären wir fast schon bei den verdienstvollen SAC-Rettungskolonnen, welche ja bereits existieren. Die möchte ich aber in keinster Weise in Frage stellen.
Ich sähe den Unterschied vielmehr eben grad darin, dass es durch die möglichst einfach gehaltene, unverbindlich offene Form extrem niederschwellig bliebe. Sobald ich weiss, dass auf der anderen Seite jemand extra die Arbeit verlassen muss und Kosten generiert werden, kommt ja eben wieder die fatale Hemmung zum Zuge.
Dementsprechend gäbe es auch keinen Anspruch auf ständige Verfügbarkeit, da ganz klar kommuniziert würde, dass die Plattform auf privater Basis fusst und lediglich eine vermittelnde Funktion hat. So quasi ein Doodle zwischen Hilfesuchenden und verfügbaren Alpinisten.
Es ist wie mit einzelnen Obdachlosen: Die leben bewusst auf der Strasse, weil sie keine Sozialhilfe beziehen wollen, die sie später eh wieder zurückzahlen müssten, falls sie erneut zu Verdienst kommen.Von der Pfarrer-Sieber-Stiftung nehmen sie aber gerne Hilfe an, weil sie wissen, dass diese ihnen zwar nicht gesetzlich garantiert ist, die aber bestimmt auch nie angerechnet wird.

tricky hat gesagt:
Gesendet am 24. November 2018 um 06:52
Solch eine Plattform gibt es schon, nennt sich Alpine Rettung Schweiz von der Rega und SAC. In dieser Rettungskolonnen gibt es auch immer wieder Übungen für den Notfall und das ist auch gut so. Es darf und soll nicht sein das "Leien" an der Suche dabei sind, denn dann würde die Suchaktion vielleicht sogar noch fataler werden.

Martin Job Pro hat gesagt: RE: Laien vielleicht schon ...
Gesendet am 24. November 2018 um 20:30
... duck und weg ...

Wanderer82 hat gesagt:
Gesendet am 24. November 2018 um 10:19
Wenn man bei Suchaktionen auf den Wegen bleibt, ist das Risiko gleich hoch, wie wenn man sonst unterwegs ist und jeder, der hier mithilft, tut dies sowieso auf eigenes Risiko. Man sollte Laien nicht einfach alles unterbieten oder madig machen... meine Meinung.

bergler82 hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. November 2018 um 13:38
das hat nichts mit madig machen zu tun.
Ich bin selbst im Rettungsdienst tätig und weiß wie komplex Rettungsvorgänge sind. Da sollten wirklich Leute dabei sein, die wissen was sie tun.
Leute dir nur wegen der Sensation und des Abenteuers dabei sind werden da sicher nicht gebraucht. Leute die ortskundig und der Situation gewachsen sind dagegen liebend gerne! Und diese müssen eben auch entsprechend organisiert sein. Eine Rettung gelingt nur dann wenn sie strukturiert abläuft.

Wanderer82 hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. November 2018 um 13:58
Rettungsvorgänge ja, die sind wohl komplex, mag sein. Aber es geht ja hier in erster Linie mal um das Auffinden und Bescheid geben, noch nicht um das allfällige Retten.

bergstrolk hat gesagt:
Gesendet am 24. November 2018 um 17:44
Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch für sich selbst verantwortlich ist. Und wer sich regelmässig outdoor und im Gebirge bewegt (Sonntagswanderer gehören da natürlich nicht dazu), ist sich seiner Grenzen bewusst (bei mir persönlich:T5+/III). Ich selbst bin weder irgendwo Mitglied noch führe ich ein Seil für den Notfall mit, ausserdem bin ich grundsätzlich allein unterwegs. Noch nie wurde ich deswegen von einem "Professionellen" (Bergführer, Alpinretter, SAC-Funktionär etc.) angegriffen, sondern die Begegnungen beruhen stets auf gegenseitigem Respekt, sobald man sich wechselseitig versichert hat, dass jeder weiss, was er tut, dass beide in sich ruhen und sich der Risiken bewusst sind.

Mir geht es hier wirklich um die Sache:
Ganz konkret in diesem Falle ist es z.B. so, dass ich Donnerstags zufällig frei hatte und in der Region war. Ausserdem kenne ich den Uetliberg ziemlich gut, auch offroad, all die Rippen, die Fallätsche etc....
Um 13 Uhr war die Frau nicht am Treffpunkt. Mal angenommen, nach einer ersten Suche der Wandergruppe selbst hätte mich gegen 14 Uhr ein Gesuch um Mithilfe erreicht, so wär ich noch vor 15 Uhr beim Uto eingetroffen. Möglicherweise sogar zusammen mit einem Bekannten, der im Raum Zürich arbeitet und das Gebiet fast noch besser kennt. Während nun also die einen, wie Wanderer82 richtig bemerkt hat, schlicht die öffentlichen Wege abschreiten (z.B. Richtung Sellenbüren runter), hätte ich mir gleich mal kurz das nächstmögliche Sturzgebiet zwischen Gratweg und Fallätschentraverse angesehen.
Und nun - und damit nehm ich Bezug auf tricky - wär Folgendes passiert: Um 16 Uhr hätt ich aus eigenem Ermessen (selbst gegen den Willen des Wanderführers) die Alpine Rettung Schweiz über die Situation informiert, nicht erst um 19 Uhr, wie offenbar geschehen. Einerseits schlicht aus dem Wissen um die Ernsthaftigkeit der Situation, andererseits, weil mir das als Aussenstehender vielleicht auch leichter gefallen wäre. Bis die angerückt wären, hätte ich z.B. noch den Coiffeurweg unter die Lupe genommen. Den kennen ältere Leute wie diese Dame vielleicht noch von früher, aber am Alt Uetliberg ist er zuweilen derart von Dornen überwuchert, dass kaum mehr ein Durchkommen ist, worauf vielleicht auch nicht jeder richtig zu reagieren weiss.

Es geht mir also wirklich nicht darum, damit in irgendeiner Form der professionellen Rettung ins Handwerk zu pfuschen.
Aus meiner Sicht wäre es einfach eine zusätzliche Zwischenstufe zwischen "Selbersuchen" und "Alarmieren", weil dieser Tritt halt schon sehr hoch ist.
Nehmen wir z.B. den Hohen-Kasten-Aufstieg über Lienzer Spitz. Da kann sich einer, gerade wenn einen zeitweise noch Wolken einnebeln und man die Linie nicht kennt, durchaus komplett versteigen. Ruft man als Wanderpartner deswegen die Rettung? Nein - man versucht erst mal, sich mit Handykontakt oder schlicht mit stundenlangem Suchen wiederzufinden. Trotzdem, je nachdem wie erfahren die Tourengänger sind, besteht das Risiko, dass sich die anderen auch noch verzetteln oder der Gesuchte nach einem Absturz doch zu spät gefunden wird, weil man dann erst am Abend die Rettung alarmiert. Gäbe es eine Plattform, wo man ganz einfach melden könnte, hey, wir haben da aktuell grad jemand verloren, so könnte z.B. ein Gebietskenner, der grad den Ostgrat hochgeht, kurzerhand sagen: "Moment, ich komm mal rüber". Das wirkt beruhigend, bringt schlicht Kenntnis dorthin, wo sie im Moment dringend gebraucht wird und gleichzeitig, wie bereits oben erwähnt, eine externe, unbelastete Sichtweise, welche letztendlich sogar zu einer früheren Alarmierung führen kann.



bergstrolk hat gesagt: Spannende Details zum Suchverfahren
Gesendet am 28. November 2018 um 23:07

SCM hat gesagt:
Gesendet am 7. Dezember 2018 um 17:18
Die Frau wurde heute gefunden: https://www.tagesanzeiger.ch/news/standard/vermisste-am-uetliberg-tot-aufgefunden/story/18272959

DonMiguel hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Dezember 2018 um 18:22
Spannend, danke fürs posten!


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